BuG: BuG II, A 791
Mannheim 21./23. 12. 1779

Carl August an Anna Amalia 26. 12. 1779 (Bergmann S. 33)

Mannheim 21./23. 12. 1779

Edelsheim begleitete uns den dritten Tag nach Mannheim. Hier wurde bloss die Zeit mit Künsten, Schauspielen und mit schönen (obgleich etwas schielichten) Weibern zugebracht. Dass unter letztern eigentlich des Statthalters [Dalberg] Schwägerin [Maria Elisabeth Auguste v. Dalberg] die Hauptrolle gespielt, brauche ich nicht anzumerken. „Clavigo“ ward uns auch, Göthen zu Ehren, durch die Gothaische Seylerische Truppe aufgetischt; entweder aber waren wir zu satt, oder das Fleisch und Gemüs nicht genung gekocht, denn Summa: es schmeckte nicht nur nicht, sondern ekelte fast.

Maria Elisabeth Auguste v. Dalberg an Caroline Gräfin v. Goertz 26. 2. 1780 (GRFA)

Mannheim 21./23. 12. 1779

Göte m’a parue plus modeste que je ne m’y attendoit seul avec nous il m’a même semblé aimable, mais quelques personnes de plus qu’il ne connoissai pas le mirent mal à son aise et allors il ne deserrai pas les dents ou ce qu’il disoit et faisoit avoit un air ridicule.

An W. H. v. Dalberg 10. 4. 1780 (WA IV 4, 206)

Mannheim 21./23. 12. 1779

Endlich kann ich Ew. Excell. das versprochne Stük [Die Mitschuldigen] überschiken ... Sollten bei der gnädigen Frau, wenn es gut vorgestellt wird einige Erinnerungen an das französche Theater wieder lebendig werden; so wird sie ia wohl auch geneigt sein, es einigermassen unter ihren Schuz zu nehmen. Ich bitte mich Ihr und meinem kleinen Freunde [E. J. v. Dalberg] zu empfehlen.

A. W. Iffland an Ph. Iffland 29. 12. 1779 (Westermanns Ill. Monatshefte 26, 592)

B2 206

Mannheim 21./23. 12. 1779

Den 21. kamen Göthe und der Herzog von Weimar hier [Mannheim] an. Sie sahen den Ehescheuen. Den 22. war Göthe zu Ehren freier Eingang für Jedermann, und Clavigo. Er ließ um 4 Uhr vor der Komoedie mich zu sich bitten, liegt ihnen etwas daran, sagte er, so versichere ich Ihnen meine gantze Bewunderung. Mit so viel Warheit und Delikateße sah ich seit Eckhoff nicht spielen. Folgen Sie meinen Rath, spielen sie entweder, oder. Immer das Äußerste. Das niedrigst komische, und höchste tragische. Es ist ein odieuser Kerl, der einmal Zeug zu was Außerordentlichen hat, und bleibt im Mittel. Uff! und dabey spannte er jede Nerve, hinauf! hinauf! oder ganz im Drecke. Bei Gott, ich wundere mich, daß Sie so jung sind und Resignation genug haben Alte zu spielen. Wenn ich 14 Tage dabliebe, so wollte ich ihretwegen den Cid von Corneille umarbeiten, so gefallen sie mir. Adieu. ich empfehle ihnen den Carlos. Ich sprach ihn den Tag nach Clavigo bei Herrn v. Dalberg und er war mit meinem Carlos sehr zufrieden. Ein bischen zu geschwinde wäre ich gewesen, meinte er. Den 23. sahe er den Baron Abslut in den Nebenbulern von mir. Nach der Vorstellung kam der Herzog und Goethe auf das Theater, der Herzog sagte mir so wie Goethe viel schönes. Gehen Sie stracks fort auf ihrer Bahn, Sie sind den Beifall werth den Sie überall erhalten müssen. Adieu. Adieu. Hier gab er mir die Hand. leben Sie glücklich, denken Sie zuweilen an Göthe, er hat Sie lieb. – Daß ich mir vor Freude hätte – einen Rausch trinken mögen kannst Du denken. Göthe, Göthe sagte mir daß! – Eine Anecdote! Es war eine Seitenthür auf dem Theater, durch die der Herzog und sein Gefolge vom Theater ging, Göthe, als ob er mechanisch überall Original wäre, ging schnell hinein und kam eher wie der Herzog. In der Art, mit der er es that, steckte das Sonderbare ...

Göthe hat einen Adlerblick, der nicht zu ertragen ist. Wenn er die Augenbraunen in die Höhe zieht, so ists, als ginge der Hirnknochen mit.

A. W. Iffland an Chr. W. Eisendecher 26. 12. 1779 (Geiger4 S. 244)

Mannheim 21./23. 12. 1779

Goethe ... sagte neulich in einer großen Gesellschaft von mir, er habe heute mit dem artigsten jungen Menschen gesprochen, den er kenne. In Ansehung meines Spieles hat er mir außerordentliche Komplimente gemacht ... Meinen neuen Rock habe ich zum Besuch bei Herrn Goethe zum ersten Male eingeweiht.

J. Chr. Brandes, Meine Lebensgeschichte S. 320

Mannheim 21./23. 12. 1779

Ganz unerwartet hatte ich auch das Vergnügen, den Erbprinzen [Herzog] von Weimar in Begleitung des Geheimrats von Goethe, hier [Mannheim] zu sehen.

An F. Kobell 3. 12. 1780 (WA IV 5, 11)

Mannheim 21./23. 12. 1779

Bei denen Zeichnungen, die unsere Durchl. Herzogin Amalie von Ihnen mitgebracht, habe ich mich der angenehmen Stunden erinnert, da wir sie in Ihrer Stube durchblätterten ...

Sie selbst haben Durchl. dem Herzoge einige ausgeführte Zeichnungen versprochen.

Louise Pistorius an Emilie v. Gleichen o. Dat. (Urlichs2 S. 34)

B2 205

Mannheim 21./23. 12. 1779

Dann erinnere ich mich wieder, wie Goethe auf der Reise nach Italien [Rückkehr von der 2. Schweizer Reise] durch Mannheim kam und von meinem Vater [Buchhändler Schwan] zu einem flotten Essen eingeladen ward, wobei noch mehrere Gelehrte, u. A. auch Professor Heyne aus Göttingen war. Dieser und sein Nebenmann vertieften sich so sehr in gelehrte Debatten und Rheinwein, daß dem Einen die Perücke auf dem rechten Ohr, dem Andern auf dem linken saß, was mich sehr gaudirte und ich wünschte sehnlich, daß doch Goethe auch eine Perücke haben möchte; aber der unterhielt sich mit meiner Schwester von Werthers Leiden.

Carl August an Anna Amalia 26. 12. 1779 (Bergmann S. 34)

Mannheim 21./23. 12. 1779

Diese gute Seele [Merck] ist express nach Mannheim gekommen, um uns zu sehn, und von da uns hierher [Frankfurt] in aller Stille nachgereist. Es ist gar ein gutes, warmes, treues Blut.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_0791 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_0791.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 213 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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