Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 47
Von Jakob Michael Reinhold Lenz

nach Mai? 1775, Ort n. e.

| 1 |


   Tagebuch


   Ich muß dir lieber Goethe – zum Verständniß
dessen was du lesen wirst, einige Nachrichten vor-
anschicken.


   Ich habe das Tagebuch unter den Augen meines
bittersten Feindes und von dem ich abhieng – ge-
schrieben, in einer Sprache die er nicht verstund
aus der ich es dir wörtlich übersetze. Bisweilen
hat er mir über die Schulter hineingesehen.


   Scipio mit dem ich eine Reise durch Deutschland
gemacht, hatte in x eine Geliebte, von der er sich
ein paarmahl auf vier bis sechs Monathe hatte ent-
fernen müssen. In dieser Zeit bestellte ich seine Brie-
fe an Sie und Ihre an ihn, ohne daß ichs nöthig gehabt.
Kein Interesse zog mich in das Haus, als das meinem
Freunde zu dienen. Ich fand sie zwar liebenswür-
dig, ich freute mich zu weilen über das was ich an
ihr wahrnahm, wie man sich über eine Historie
freut. Allein mein Herz blutete von alten Wunden.


   Das rührte mich, daß Scipio mir bisweilen
von ihr erzehlte, daß sie sich von meinen bisher
ausgestandnen Mühseeligkeiten unterichtet und so
ganz natürlich ihr Mitleiden drüber bezeugt hätte.
Auch daß ich deutlich merkte, wie sie ihn gestimmet hatte,
mir verschiedene mir beträchtliche Wohlthaten zu erweisen. | 2 |
Ich hatte ehmals, eh ich wußte daß Scipio sie liebte, ihr ein
klein Geschenk von Büchern und einige zärtliche Verse
gemacht über ein Filet, woran ich ihr stricken half und
sie mir schenkte um mich daran zu üben. Auch dichtete
ich für Scipio viel angenehme Sachen, nachdem er mir
sein Herz eröfnet hatte, die er ihr bey gewissen Gele-
genheiten überreichte und viel Beyfall erhielten


   Als in der Zeit, da Scipios Leidenschaft aufs höchste
gestiegen war, ein Freyer für Araminten erschien,
brachte er sie und die Eltern durch ein schriftliches
Eheversprechen und Verschreibung einer ungemein hohen
Summe Geldes zur Sicherheit, das bey einem königlichen
Notär versiegelt niedergelegt ward, dahin, selbigem
den Abschied zu geben. Er hatte vor Verfertigung dieser
Schrift die Rechte seines Vaterlandes mit mir und
andern Freunden untersucht und befunden, daß eine
Mißheurath ihm an seinem zeitlichen Glück keinen
Abbruch thun könnte.


   In dem Eheversprechen, der eher ein Ehkontrackt
genennt werden könnte, hatte er unter andern sich
verpflichtet in höchstens einem Jahr zu seinem Vater
zu reisen und dessen Einwilligung auszuwürken:
welches er auch ins Werk setzte, wiewohl sein Herr
Vater selber ihn zurükberief, woran ich unter der Hand
mit gearbeitet hatte.

| 3 |


   Scipio jüngster Bruder (den ich hinführo nur den Schwager nennen will) war mir dazu behülflich gewesen. Ich schrieb
ihm nach Deutschland den ganzen Zustand der Haushaltung
seines Bruders, mahlte ihm die Nothwendigkeit einer
Rückreise mit ächten Farben vor, er überschickte den
Brief seinem Vater und darauf erfolgte das.


   Eh hätt' ich mir den Einfall eines Kometen versehen
als grad in dem Zeitpunkt da der älteste in den Wagen
steigen wollte, die Ankunft seines jüngsten Bruders in x
wohin er niemals zu kommen gesonnen gewesen.
Er sagte mir, ich wäre der Hauptbewegungsgrund
dieser Reise, die kurze persönliche Bekanntschaft die
wir in –g gemacht, mein Ruf und am meisten die
Briefe die ich gezwungen gewesen mit ihm zu wechseln
hatten ihm das Verlangen eingeflößt, von meinem
nähern Umgange zu vortheilen. Von allen Seiten
waren Glückwünsche und ich selbst hielt diese Eräugniß
für eine Wolthat des Himmels, mir in der schlüpfrigen
Lage in die mich Scipios Abreise setzte, eine Stütze
anzubieten.


   Ich hatte aus des Schwagers Briefen die vortheil-
haftesten Meynungen von seinem Karackter gefaßt,
die ich hier nun allenthalben ausbreitete, besonders
in Aramintens Hause. Zugleich wandt' ich all meine | 4 |
Talente an, ihn auf die vortheilhafteste Weise für dieses
Haus, für Araminten und für die Sache seines
Bruders einzunehmen. Undankbare Bemühungen!
Dazu kam, daß er anfangs gegen mich die größte Ab-
neigung für dieses Haus und für Aramintens
Person blicken ließ, wo ich denn immer wieder neue
Kräfte aufbieten mußte. Denn ich fand es nothwen-
dig daß er das gute Verständniß seines Bruders
in dem Hause unterhielt und in gewisser Art seine
Nische einnähme, theils um die Eltern und Ara-
minten zu beruhigen, die nach Scipios Abreise ganze
Nächte tränend durchwachte und Engheiten bekam,
die ihr Farbe und Fülle raubten, theils weil ich
von seinem Einfluß auf den Vater und die Verwandten
alles hofte. Man sieht wie unleidenschaftlich ich damals
zu Werk gieng.


   Alles gelang mir. Er vermittelte sich in der Sache
mit einem Ungestüm den ich nicht zurükzuhalten wagte.
Denn nehmt einem gewöhnlichen Menschen den En-
thousiasmus – und kein Archimed kann ihn aus
der Stelle bewegen. Er schrieb Brief auf Brief an
seinen Bruder und richtete alles (wieder seine ausdrük-
liche Bitte) so ein, daß sie dem Vater in die Hände
fallen mußten. Ich konnte dabey nichts weiter thun | 5 |
als daß ich die Briefe abfaßte und wenn er Seitenlang
Geschmier hinzusetzte, das Ding herumzustimmen suchte
wie möglich. Denn er führte zur Ursache an, er kenne
den Leichtsinn und die Furchtsamkeit seines Bruders
und wolle ihn auf diese Art dringen, dem Vater das
Geständniß zu thun. Obschon derselbe dreymal unter-
wegs geschrieben hatte, leidenschaftlicher als ich mir
vorgestellt. Nur das machte mich auch furchtsam, daß
er durch einen Ort und in demselben sich aufhalten
mußte, wo er zwey Jahre lang in eine der ersten
Schönheiten die ich gesehen, verliebt gewesen und
mit der er zu Anfang noch in X zärtliche Briefe
gewechselt. Was dort vorgefallen, habe ich bis dato
noch nicht erfahren können.


   Was mich zu beunruhigen anfieng, war daß der
Schwager sich nicht scheute mir merken zu lassen, wenn
aus der Sache seines Bruders nichts würde, wolle
er Araminten heurathen. Er sprach thöricht von ihr,
er gieng täglich hin (wiewol er dabey fleissig studierte)
er machte ihr Geschenke, die ihn in seiner sonst so kargen
Haushaltung und bey der Kürze mit der der Vater
ihm von jeher den Zaum hielt, zurücksetzten. Ich
machte ihm ernstliche Vorstellungen, bemühte mich | 6 |
ihm an andern Gesellschaften einigen Geschmack beyzu-
bringen. Alles war vergeblich und seit dieser Zeit
fieng er an sich vor mir zu fürchten. Täglich redte
er mir von den Unmöglichkeiten die er in der Sache
seines Bruders absähe, von ausschweiffenden Entwür-
fen die er machte, ihn zurükzubringen, die wie Seif-
fenblasen sobald man sie nur ansah zersprungen,
von seinen Heldenthaten und edlen Gesinnungen,
von seinen Begriffen vom Ehestande u. s. f. täglich
zeigte er sich mir anders, bald äusserst erbittert
auf Araminten, bald bis zur Abgötterey von ihr
bethört, allemal aber setzte er mich in die Nothwen-
digkeit ihr Sachwalter zu werden und wenn ich
all meine Beredsamkeit zu ihrer Vertheidigung
anwandte, hörte er mir mit Vergnügen zu.


   Ich hatte einen Brief für ihn aufgesetzt, in dem
er den Vater von der ganzen Sache von Anfang
bis zu Ende unterrichten sollte, wenn er desfalls
an ihn schriebe. Denn Scipio hatte mir mit einem
Handschlag versprochen, sobald er ankäme, ihm durch
seinen Hausgeistlichen die Entdeckung thun zu lassen
und dahin zu vermögen, daß er an Aramintens Vater
schriebe, wenn es auch in keiner andern Absicht wäre
als um ihn zu vermögen, die Sache zu unterdrücken. | 7 |
Alsdenn sollte Aramintens Vater ihm auf eine edle Art
antworten (er hatte mit ihm abgemacht, er sollte mir
den Brief vorher zur Durchsicht geben.) Nun wollte ich daß
zu gleicher Zeit der Schwager schriebe und das edle Ver-
halten des ganzen Hauses in dieser Sache mit den schönsten
Farben schilderte. Denn er selber hatte kurz vor der Abreise
seines Bruders den Vorschlag gethan, er sollte sich heimlich
mit ihr vermählen, um dem Vater die Einwilligung
desto sicherer abzunöthigen. Aramintens Vater aber
verabscheute diesen Gedanken, erklärte sehr edel, seine
Tochter brauche nicht verdächtig zu handeln, sondern frey
und vor den Augen der ganzen Welt und wiedersetzte
sich mit der Mutter dieser Ausschweiffung im Hirn
des Schwagers erzeugt und von mir und Scipio mit
allen Gründen unterstützt, auf eine Art die mir
Tränen auspreßte.


   Der Schwager schrieb meinen Brief ab, las ihn als
seine eigene Arbeit in Aramintens Hause vor und
erwarb sich dadurch ein unbegrentzes Zutrauen.


   Hier will ich abbrechen, um meinem Tagebuch
nicht vorzugreiffen. Dies war nur Skelet, das dein
eigenes Genie und Blick ins menschliche Herz mit
Fleisch bekleiden wird.


S:  Staatsbibliothek zu Berlin  D:  Urlichs, in: Deutsche Rundschau 11 (1877) 271-292  B : -  A : - 

L. übersende G. die Übersetzung seines Tagebuchs, das er unter den Augen seines bittersten Feindes geschrieben habe, in einer Sprache die er nicht verstund. Über die Beziehungen zwischen F. G. von Kleist (genannt Scipio) und S. C. Fibich (genannt Araminta) in Straßburg sowie über Seine und E. N. von Kleists Rolle dabei.


Anlage(n): L.s Tagebuch.
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  Tagebuch

  Ich muß dir lieber Goethe – zum Verständniß dessen was du lesen wirst, einige Nachrichten voranschicken.

  Ich habe das Tagebuch unter den Augen meines bittersten Feindes und von dem ich abhieng – geschrieben, in einer Sprache die er nicht verstund aus der ich es dir wörtlich übersetze. Bisweilen hat er mir über die Schulter hineingesehen.

  Scipio mit dem ich eine Reise durch Deutschland gemacht, hatte in x eine Geliebte, von der er sich ein paarmahl auf vier bis sechs Monathe hatte entfernen müssen. In dieser Zeit bestellte ich seine Briefe an Sie und Ihre an ihn, ohne daß ichs nöthig gehabt. Kein Interesse zog mich in das Haus, als das meinem Freunde zu dienen. Ich fand sie zwar liebenswürdig, ich freute mich zu weilen über das was ich an ihr wahrnahm, wie man sich über eine Historie freut. Allein mein Herz blutete von alten Wunden.

  Das rührte mich, daß Scipio mir bisweilen von ihr erzehlte, daß sie sich von meinen bisher ausgestandnen Mühseeligkeiten unterichtet und so ganz natürlich ihr Mitleiden drüber bezeugt hätte. Auch daß ich deutlich merkte, wie sie ihn gestimmet hatte, mir verschiedene mir beträchtliche Wohlthaten zu erweisen.| 2 | Ich hatte ehmals, eh ich wußte daß Scipio sie liebte, ihr ein klein Geschenk von Büchern und einige zärtliche Verse gemacht über ein Filet, woran ich ihr stricken half und sie mir schenkte um mich daran zu üben. Auch dichtete ich für Scipio viel angenehme Sachen, nachdem er mir sein Herz eröfnet hatte, die er ihr bey gewissen Gelegenheiten überreichte und viel Beyfall erhielten

  Als in der Zeit, da Scipios Leidenschaft aufs höchste gestiegen war, ein Freyer für Araminten erschien, brachte er sie und die Eltern durch ein schriftliches Eheversprechen und Verschreibung einer ungemein hohen Summe Geldes zur Sicherheit, das bey einem königlichen Notär versiegelt niedergelegt ward, dahin, selbigem den Abschied zu geben. Er hatte vor Verfertigung dieser Schrift die Rechte seines Vaterlandes mit mir und andern Freunden untersucht und befunden, daß eine Mißheurath ihm an seinem zeitlichen Glück keinen Abbruch thun könnte.

  In dem Eheversprechen, der eher ein Ehkontrackt genennt werden könnte, hatte er unter andern sich verpflichtet in höchstens einem Jahr zu seinem Vater zu reisen und dessen Einwilligung auszuwürken: welches er auch ins Werk setzte, wiewohl sein Herr Vater selber ihn zurükberief, woran ich unter der Hand mit gearbeitet hatte.

| 3 |

  Scipio jüngster Bruder (den ich hinführo nur den Schwager nennen will) war mir dazu behülflich gewesen. Ich schrieb ihm nach Deutschland den ganzen Zustand der Haushaltung seines Bruders, mahlte ihm die Nothwendigkeit einer Rückreise mit ächten Farben vor, er überschickte den Brief seinem Vater und darauf erfolgte das.

  Eh hätt' ich mir den Einfall eines Kometen versehen als grad in dem Zeitpunkt da der älteste in den Wagen steigen wollte, die Ankunft seines jüngsten Bruders in x wohin er niemals zu kommen gesonnen gewesen. Er sagte mir, ich wäre der Hauptbewegungsgrund dieser Reise, die kurze persönliche Bekanntschaft die wir in –g gemacht, mein Ruf und am meisten die Briefe die ich gezwungen gewesen mit ihm zu wechseln hatten ihm das Verlangen eingeflößt, von meinem nähern Umgange zu vortheilen. Von allen Seiten waren Glückwünsche und ich selbst hielt diese Eräugniß für eine Wolthat des Himmels, mir in der schlüpfrigen Lage in die mich Scipios Abreise setzte, eine Stütze anzubieten.

  Ich hatte aus des Schwagers Briefen die vortheilhaftesten Meynungen von seinem Karackter gefaßt, die ich hier nun allenthalben ausbreitete, besonders in Aramintens Hause. Zugleich wandt' ich all meine| 4 | Talente an, ihn auf die vortheilhafteste Weise für dieses Haus, für Araminten und für die Sache seines Bruders einzunehmen. Undankbare Bemühungen! Dazu kam, daß er anfangs gegen mich die größte Abneigung für dieses Haus und für Aramintens Person blicken ließ, wo ich denn immer wieder neue Kräfte aufbieten mußte. Denn ich fand es nothwendig daß er das gute Verständniß seines Bruders in dem Hause unterhielt und in gewisser Art seine Nische einnähme, theils um die Eltern und Araminten zu beruhigen, die nach Scipios Abreise ganze Nächte tränend durchwachte und Engheiten bekam, die ihr Farbe und Fülle raubten, theils weil ich von seinem Einfluß auf den Vater und die Verwandten alles hofte. Man sieht wie unleidenschaftlich ich damals zu Werk gieng.

  Alles gelang mir. Er vermittelte sich in der Sache mit einem Ungestüm den ich nicht zurükzuhalten wagte. Denn nehmt einem gewöhnlichen Menschen den Enthousiasmus – und kein Archimed kann ihn aus der Stelle bewegen. Er schrieb Brief auf Brief an seinen Bruder und richtete alles (wieder seine ausdrükliche Bitte) so ein, daß sie dem Vater in die Hände fallen mußten. Ich konnte dabey nichts weiter thun| 5 | als daß ich die Briefe abfaßte und wenn er Seitenlang Geschmier hinzusetzte, das Ding herumzustimmen suchte wie möglich. Denn er führte zur Ursache an, er kenne den Leichtsinn und die Furchtsamkeit seines Bruders und wolle ihn auf diese Art dringen, dem Vater das Geständniß zu thun. Obschon derselbe dreymal unterwegs geschrieben hatte, leidenschaftlicher als ich mir vorgestellt. Nur das machte mich auch furchtsam, daß er durch einen Ort und in demselben sich aufhalten mußte, wo er zwey Jahre lang in eine der ersten Schönheiten die ich gesehen, verliebt gewesen und mit der er zu Anfang noch in X zärtliche Briefe gewechselt. Was dort vorgefallen, habe ich bis dato noch nicht erfahren können.

  Was mich zu beunruhigen anfieng, war daß der Schwager sich nicht scheute mir merken zu lassen, wenn aus der Sache seines Bruders nichts würde, wolle er Araminten heurathen. Er sprach thöricht von ihr, er gieng täglich hin (wiewol er dabey fleissig studierte) er machte ihr Geschenke, die ihn in seiner sonst so kargen Haushaltung und bey der Kürze mit der der Vater ihm von jeher den Zaum hielt, zurücksetzten. Ich machte ihm ernstliche Vorstellungen, bemühte mich| 6 | ihm an andern Gesellschaften einigen Geschmack beyzubringen. Alles war vergeblich und seit dieser Zeit fieng er an sich vor mir zu fürchten. Täglich redte er mir von den Unmöglichkeiten die er in der Sache seines Bruders absähe, von ausschweiffenden Entwürfen die er machte, ihn zurükzubringen, die wie Seiffenblasen sobald man sie nur ansah zersprungen, von seinen Heldenthaten und edlen Gesinnungen, von seinen Begriffen vom Ehestande u. s. f. täglich zeigte er sich mir anders, bald äusserst erbittert auf Araminten, bald bis zur Abgötterey von ihr bethört, allemal aber setzte er mich in die Nothwendigkeit ihr Sachwalter zu werden und wenn ich all meine Beredsamkeit zu ihrer Vertheidigung anwandte, hörte er mir mit Vergnügen zu.

  Ich hatte einen Brief für ihn aufgesetzt, in dem er den Vater von der ganzen Sache von Anfang bis zu Ende unterrichten sollte, wenn er desfalls an ihn schriebe. Denn Scipio hatte mir mit einem Handschlag versprochen, sobald er ankäme, ihm durch seinen Hausgeistlichen die Entdeckung thun zu lassen und dahin zu vermögen, daß er an Aramintens Vater schriebe, wenn es auch in keiner andern Absicht wäre als um ihn zu vermögen, die Sache zu unterdrücken.| 7 | Alsdenn sollte Aramintens Vater ihm auf eine edle Art antworten (er hatte mit ihm abgemacht, er sollte mir den Brief vorher zur Durchsicht geben.) Nun wollte ich daß zu gleicher Zeit der Schwager schriebe und das edle Verhalten des ganzen Hauses in dieser Sache mit den schönsten Farben schilderte. Denn er selber hatte kurz vor der Abreise seines Bruders den Vorschlag gethan, er sollte sich heimlich mit ihr vermählen, um dem Vater die Einwilligung desto sicherer abzunöthigen. Aramintens Vater aber verabscheute diesen Gedanken, erklärte sehr edel, seine Tochter brauche nicht verdächtig zu handeln, sondern frey und vor den Augen der ganzen Welt und wiedersetzte sich mit der Mutter dieser Ausschweiffung im Hirn des Schwagers erzeugt und von mir und Scipio mit allen Gründen unterstützt, auf eine Art die mir Tränen auspreßte.

  Der Schwager schrieb meinen Brief ab, las ihn als seine eigene Arbeit in Aramintens Hause vor und erwarb sich dadurch ein unbegrentzes Zutrauen.

  Hier will ich abbrechen, um meinem Tagebuch nicht vorzugreiffen. Dies war nur Skelet, das dein eigenes Genie und Blick ins menschliche Herz mit Fleisch bekleiden wird.

 

 
 

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