Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 1142
27. Oktober 1786, Freitag, Terni

d 27. Abends.

Terni.

Wieder in einer Höle sitzend, die vor einem Jahre vom Erdbeben gelitten, wend ich mein Gebet zu dir mein lieber Schutzgeist.

Wie verwöhnt ich bin fühl ich erst jetzt. Zehn Jahre mit dir zu leben von dir geliebt zu seyn und nun in einer fremden Welt. Ich sagte mir’s voraus und nur die höchste Nothwendigkeit konnte mich zwingen den Entschluß zu faßen. Laß uns keinen andern Gedancken haben als unser Leben miteinander zu endigen.

Terni liegt in einer köstlichen Gegend, die ich diesen Abend von einem Spazirgange um die Stadt mit Freude beschaute. Ein Priester ist seit Perugia, 1 da mich der Graf Cesare verlassen mein Gefährte. Dadurch daß ich immer wieder unter neue Menschen komme, erreiche 2 ich sehr meine Absicht und ich versichre dich man muß sie nur unter einander reden hören was das einem für ein lebendig Bild des ganzen Landes giebt. Sie haben unter einander einen so sonderbaren National und Stadt Eifer, können sich alle einander nicht leiden, die Stände sind im ewigen Streit und das alles mit immer lebhafter gegenwärtiger Leidenschafft, daß sie einem den ganzen Tag Comödie geben und sich blos stellen.

Spoleto hab ich bestiegen und war auf dem Aquedukt der zugleich Brücke von einem Berg zum andern ist.

Die zehen Bogen die das Thal füllen, 3 stehn, von Backsteinen ihre Jahrhunderte so ruhig da und das Wasser quillt noch immer in Spoleto an allen Orten und Enden. Das ist nun das dritte Werck der Alten das ich sehe, und wieder so schön natürlich, zweckmäsig und wahr. Diesen grosen Sinn den sie gehabt haben! – Es mag gut seyn wir wollen mehr davon sprechen. – So verhaßt waren mir immer die Willkührlichkeiten. Der Winter kasten auf Weisenstein, ein Nichts um Nichts, ein ungeheurer Confekt Aufsaz und so mit Tausend andern Dingen. Was nicht eine wahre innre Existenz hat, hat kein Leben und kann nicht lebendig gemacht werden, und kann nicht gros seyn und nicht gros werden.

Die nächsten vier Wochen werden mir voller Freuden und Mühe seyn, ich will aufpacken was ich kann. Das bin ich gewiß und kann es sagen noch keine falsche Idee hab ich aufgepackt. Es scheint arrogant, aber ich weiß es, und weiß was es mich kostet nur das Wahre zu nehmen und zu fassen.

St. Crucifisso halt ich nicht eigentlich für ein Uberbleibsel eines Tempels. 4 |: das heist eines Tempels der so stand :| sondern man hat Säulen Pfeiler, Gebälcke gefunden und zusammengeflickt nicht dumm aber toll. Eine Beschreibung wäre zu weitläufig und ists nicht werth.

Die Römische Geschichte wird mir als wenn ich dabey gewesen wäre. Wie will ich sie studiren wenn ich zurückkomme, 5 da ich nun die Städte und Berge und Thäler 6 kenne. Unendlich interessant aber werden mir die alten Etrurier. In Fuligno konnt ich das Gemälde Raphaels nicht sehn es war Nacht, hier die Wasserfälle nicht es war bald Nacht. Bey meiner ersten kursorischen Lesung Italiens muß und kann ich nicht alles mit nehmen. Rom! Rom! – Ich ziehe mich gar nicht mehr aus um früh gleich bey der Hand zu seyn. Noch zwey Nächte! und wenn uns der Engel des Herrn nicht auf dem Wege schlägt; sind wir da.

Da ich auf die 7 Apeninen von Bologna herauf kam, zogen die 8 Wolcken noch immer nach Norden. Zum 9 ersten sah ich sie gegen Mittag nach dem See von Perugia ziehen und hier bleiben sie auch hängen, ziehn auch gegen Mittag. Das alles trifft mit meiner Hypothese recht gut überein. Und statt daß die grose Plaine des Po den Sommer alle Woklen 10 nach dem Tyroler Gebirg schickt; so schickt sie jetzt einen Theil nach den Apeninen im Winter mehr |: die übrigen Wolcken bleiben auch hangen :|, 11 daher die Regenzeit.

Das Gebirg ist sich bis hierher immer mit wenigen Abweichungen gleich. Immer der alte Kalck, dessen Flötz Lagen auf diesen letzten Stationen immer sichtbarer wurden. 12

Trevi liegt am Anfang einer schönen Plaine zwischen Bergen, alles ist noch Kalck, nichts Vulkanisches hab ich spüren können. Liegt aber eben wie Bologna drüben, so hüben an einem Ende. Vielleicht wird uns morgen etwas vorkommen. Volkm. sagts.

Die Oliven fangen sie nun an abzulesen, sie thun es hier mit den Händen, an andern Orten schlagen sie sie.

Wenn sie der Winter übereilt bleiben die übrigen biß gegen das Frühjahr hängen. Heute hab ich auf sehr steinigem Boden die größten Ältsten Bäume gesehen.

Heute früh ging ein recht kalter Wind, Abends war es wieder schön und wird morgen heiter seyn. Gute Nacht meine Liebste. Ich hoffe du hast nun meinen Brief von Venedig.

  1. Komma mit Bleistift erg  ↑
  2. erleich → erreiche  ↑
  3. Komma nach füllen mit Bleistift erg und mit blauer Tinte nachgezogen  ↑
  4. Punkt erg  ↑
  5. Komma mit Bleistift erg  ↑
  6. thäler > Thäler  ↑
  7. z → die  ↑
  8. z → die  ↑
  9. O → Zum  ↑
  10. gemeint Wolken  ↑
  11. Eingeklammertes erg  ↑
  12. ×× → wurden  ↑

H: GSA 27/9


Das Tagebuch ist durchweg von Goethe eigenhändig geschrieben, mit unterschiedlich kräftiger schwarzer und blasserer, bräunlicher Tinte. Es besteht aus fünf »Stücken«, vergilbten Quartblättern von leicht differierender Größe: ca 142–170 × 207–215 mm.

Jedes »Stück« ist foliiert. Lose am Ende beiliegend zwei Blätter: der zum »Dritten Stück« gehörende Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr (siehe S. 220) und ein Entwurf dazu.

Nicht enthalten sind bei den fünf »Stücken« die Zeichnungen, die Goethe auf Extrablättern anfertigte und teilweise im Tagebuch, anfangs mit Nummern versehen, angab; siehe den Abschnitt: Zum »Reise-Tagebuch 1786« gehörige separate Zeichnungen (S. 568–569).

Wie alle Freunde Goethes war zwar auch Charlotte von Stein über sein Reisevorhaben uninformiert geblieben, aber ihr allein wandte er sich im »Reise-Tagebuch« zu, das er ihr ausdrücklich widmete (siehe S. 175, 23) und am 18. September 1786 erstmals brieflich ankündigte (WA IV 8, 23): Ich habe ein treues Tagbuch geführt und das Vornehmste was ich gesehn was ich gedacht aufgeschrieben und nach meiner Rechnung kannst du es in der Mitte Oktbr. haben. 〈…〉 Sag aber niemanden etwas von dem was du erhältst. Es ist vorerst ganz allein für dich. Der geschätzte Empfangstermin deutet darauf hin, daß Goethe zunächst »Stück« 1 und 2 des Tagebuchs übersenden wollte. Dann scheint er sich anders besonnen und es erst aus Venedig, ergänzt um »Stück« 3 und 4, abgeschickt zu haben (siehe Tgb 13. Oktober; S. 286, 8–10). Am 14. Oktober 1786 beauftragte er seinen Diener Philipp Friedrich Seidel brieflich (WA IV 8, 36): Sage der Frau von Stein: das versprochene Tagebuch würde später kommen, weil es nicht mit der Post, sondern mit Fuhrleuten ginge. Diese Sendung aus Venedig stand jedoch am Jahresende versehentlich noch ungeöffnet in Goethes Haus (vgl seinen Brief an Philipp Friedrich Seidel vom 30. Dezember 1786), so daß seine Absicht, Frau von Stein schnellstmöglich eingehend zu informieren, verfehlt wurde, und er bereute (Brief vom 17.–20. Januar 1787; WA IV 8, 139): Warum schickt ich dir nicht das Tagebuch von jeder Station! Das fünfte und letzte »Stück« sandte Goethe am 12. Dezember aus Rom (siehe S. 318, 12–15), nachdem sich sein Vorhaben, das Tagebuch dort fortzuführen, nicht hatte verwirklichen lassen (an Charlotte von Stein, 7.–11. November 1786; WA IV 8, 47): 〈…〉 hier ⟨in Rom⟩ wollt ich es fortsetzen allein es ging nicht. Auf der Reise rafft man auf was man kann, jeder Tag bringt etwas und man eilt auch darüber zu dencken und zu urtheilen. Hier kommt man in eine gar große Schule, wo Ein Tag soviel sagt und man doch von dem Tage nichts zu sagen wagt. Und nochmals an Charlotte von Stein (17.–20. Januar 1787; WA IV 8, 139–140): In Rom konnt ich nicht mehr ⟨Tagebuch⟩ schreiben. Es dringt zu eine grose Masse Existenz auf einen zu, man muß eine Umwandlung sein selbst geschehen laßen, man kann an seinen vorigen Ideen nicht mehr kleben bleiben, und doch nicht einzeln sagen worinn die Aufklärung besteht.

Die Intention, die in Weimar verbliebene Empfängerin des Tagebuchs fortlaufend zu informieren, verband Goethe damit, sich selbst Aufzeichnungen für spätere Verwendungszwecke zu machen. Deshalb gab er Charlotte von Stein kund (14. Oktober 1786; WA IV 8, 30–31): Anfangs gedacht ich mein Tagebuch allgemein zu schreiben, dann es an dich zu richten und das Sie zu brauchen damit es kommunikabel wäre, es ging aber nicht es ist allein für dich. Nun will ich dir einen Vorschlag thun. / Wenn du es nach und nach abschriebst, in Quart, aber gebrochne Blätter, verwandeltest das Du in Sie und liesest was dich allein angeht, oder du sonst denckst weg; so fänd ich wenn ich wiederkomme gleich ein Exemplar in das ich hinein korrigiren und das Ganze in Ordnung bringen könnte. Umfassend redigiert wurde das »Reise-Tagebuch 1786« erst zwischen Ende 1813 und 1815 für den Abdruck innerhalb der Autobiographie »Aus meinem Leben. Zweyter Abtheilung Erster Theil: Italienische Reise. Auch ich in Arkadien« (Stuttgart, Tübingen 1816; der Titel »Italiänische Reise« erst in: Goethe’s Werke. Vollständige Ausgabe letzter Hand. Bd 27. Stuttgart und Tübingen 1829). Nach der Rückkehr von Italien benutzte Goethe es teilweise als Quelle für seine Artikelserie »Auszüge aus einem Reisejournal«, die 1788–1789 anonym in Wielands Zeitschrift »Der Teutsche Merkur« erschien.

Eine nach Goethes brieflichem Vorschlag angefertigte oder eine andersartige Abschrift muß zustande gekommen sein, denn er verweigerte sie Herder, der sie für seine Italienreise erbeten hatte: Die Abschrift meines Reise Journals gäbe ich höchst ungerne aus Händen, meine Absicht war sie ins Feuer zu werfen. (Ende Juli/Anfang August 1788; WA IV 9, 8) Diese Absicht wurde wohl später noch verwirklicht, denn vom »Reise-Tagebuch 1786« ist keine Abschrift überliefert. Caroline Herder konnte es »nach 1791« lesen (HB 6, 311); ob abschriftlich oder original, läßt sich nicht ausmachen. Auch wann und wie Goethe seine Handschrift von Charlotte von Stein zurückerhalten hat, ist nicht mehr zu rekonstruieren.

Die fünf »Stücke« des Tagebuchs sind bis zum Herbst 1996 (bis zur Verfilmung für den unter D genannten Faksimiledruck) eingebunden gewesen in einem ca 3 mm dicken braun-beige marmorierten Pappeinband. In Golddruck steht auf dem Rücken des nun lose beiliegend aufbewahrten Einbandes, zwischen horizontalen Zierleisten, auf schwarzem Untergrund: »Italiänische / Reise. / 1786.« Genaues Alter des Einbandes und des Aufdrucks sind unbestimmbar. Sie scheinen aus der zweiten Hälfte des 19. Jh herzurühren. Die Innenseiten des Einbandes bestehen aus leicht grauem, gröberem Papier. Auf dem Nebenblatt der vorderen Innenseite steht rechts oben mit Rötel der Vermerk: 24.


Erstes Stück:

33 Quartblätter, ca 170 × 210 mm, einschließlich des Titelblatts. Vergilbtes Schreibpapier, am rechten Rand meist etwas ungerade beschnitten. Vertikal auf Mitte gebrochen.

Die Zählung, mit Bleistift und jeweils Vs rechts oben, beginnt nach dem Titelblatt und überspringt das folgende, unbeschriebene Blatt. Außerdem sind unbeschrieben: Titelblatt Rs, Bl 23 Rs (letztes Blatt der Note a), Bl 27 (zwischen Note c und Note d), Bl 31 Rs (Schlußblatt).

Auf ganzer Breite beschrieben ist Bl 18 (d. 9 Sept. 86 Abends. bis G; siehe S. 175,20–176,6). Ansonsten wurde zunächst nur die rechte Hälfte der gebrochenen Blätter beschrieben und die linke dann für Ergänzungen genutzt. Die Ergänzung d 6. S. (S. 169,9) wurde erst mit Bleistift geschrieben und dann mit Tinte nachgezogen.

Innerhalb des Textes auf Bl 26 Rs Zeichnung: Fig 1 und 2, 80 × 50 mm, Feder mit schwarzer Tinte (S. 180; Corpus V B, Nr 50).


Zweytes Stück:

35 Quartblätter, einschließlich des Titelblatts. Papier, Format und Brechung wie im »ersten Stück«.

Die Zählung, mit Bleistift und jeweils Vs rechts oben, beginnt auf dem Titel und dann neu auf dem Blatt mit dem Eintrag Trent d. 10 Sept. (S. 187). Dieses Blatt, wie auch das folgende, trägt zweifache Paginierung: 1 und 5 bzw. 2 und 6. Unpaginiert sind das Schlußblatt und je ein unbeschriebenes Blatt vor Bl 21 (vor Note a; S. 200) und vor Bl 24 (vor Note d; S. 202). Letzteres ist zudem am oberen Rand unaufgeschnitten.

Ferner sind unbeschrieben: Titelblatt Rs, Bl 2 Rs (Vs: Übersicht der Stationen) und Bl 3–4 der ersten Zähleinheit.

Auf ganzer Breite beschrieben ist Bl 26, Verzeichniß der Gebirgsarten (S. 204). Ansonsten überwiegend nur rechtsseitig beschrieben, in der linken Hälfte gelegentliche Ergänzungen. Bl 15 Vs Ergänzung mit Bleistift: unter dem 45 Gr. 50 Min (S. 196,25).

Innerhalb des Textes, auf der linken Hälfte von Bl 3 Rs (der zweiten Zähleinheit) stark verblaßte Zeichnung mit Bleistift (ca 100 × 75 mm; Faksimile auf S. 189; Corpus VI A, Nr 273, dazu der Vermerk: »Nicht reproduzierbar.«; auch in WA III 1 nicht abgebildet), zur Veranschaulichung des Satzes (S. 188,14–16): Uber lange niedrige Lauben sind die Stöcke gezogen und die blauen Trauben hängen gar zierlich und reich von der Decke herunter.


Drittes Stück:

53 paginierte Kleinquartblätter und unpaginiertes Titelblatt; geripptes Papier, auf voller Breite beschrieben, nur schmaler linksseitiger Rand. Format bis Bl 29: ca 153 × 215 mm; ab Bl 30: ca 142 × 207 mm.

Die Paginierung, mit Bleistift und jeweils Vs rechts oben, springt von 15 auf 17. Das unpaginierte Bl 16 (150 × 217 mm) mit der inkorrekten, nicht eigenhändigen Bleistiftaufschrift »gehört zu pag 66 Rückseite« und mit dem Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr (S. 220) »fand sich, nebst einem ⟨mittels Bleistift ausgeführten⟩ Entwurf auf grauem Packpapier ⟨ca 210 × 270 mm⟩, lose in einem kleinen dies Thema umfassenden Convolut vor« (WA III 1, 366). Der mit Zirkel und Tinte gezogene Vergleichungs Kreis hat einen Durchmesser von 49 mm, der handgezeichnete unregelmäßige Entwurfskreis von ca 85 mm. Die Stundenangaben im Kreis und die darüber bzw darunter stehenden Worte Mittag und Mitternacht sind mit Bleistift eingetragen. Der Entwurf ist stark vergilbt und liegt zusammen mit Bl 16 der Handschrift zum »Reise-Tagebuch 1786« am Ende gesondert bei.

Unbeschrieben sind Titelblatt Rs, Bl 15 Rs (nach: Ein Caligula pp. ⟨S. 219,15⟩), Bl 20 Rs (nach: und wird in der Zukunft dienen. ⟨S. 225,4–5⟩), Bl 21 Rs (nach Nr 35 im Verzeichniß der mitgenommen Steine. ⟨S. 225,19⟩) und am Ende Bll 47 Rs bis 53.

Auf Bl 17 Vs mit Bleistift die Ergänzung in der ietzigen Jahrszeit (S. 221,25).

Innerhalb des Textes auf Bl 33 Vs Zeichnung, 35 × 37 mm, Feder mit schwarzer Tinte (S. 233; Corpus VI A, Nr 118).


Viertes Stück:

61 Kleinquartblätter, ca 143 × 210 mm. Papier und Zeilenbreite wie »Drittes Stück«.

Die Zählung, mit Bleistift vorgenommen, beginnt nach dem Titelblatt und befindet sich bis Bl 54 rechts oben, dann links unten.

Leer sind Titelblatt Rs, ein unpaginiertes Blatt nach Bl 8 (nach: Schon die drey Tage die ich hier bin; S. 254,11) und Bll 55 Rs, 56 Rs und 57 Rs bis 59. Mit Bleistift ergänzt auf Bl 31 Vs (S. 271,3): (Erygnium maritimum.)

Zeichnungen innerhalb und am Ende des Textes:

Bl 6 Rs (S. 252): Säulen der Kolonnaden des Dogenpalastes in Venedig, 22 × 40 mm, Feder mit schwarzer Tinte; Corpus VI A, Nr 136.

Bl 23 Rs (S. 262): Gebälk vom Tempel des Antoninus und der Faustina in Rom, ca 165 × 143 mm, durchkopierte Umrißzeichnung nach Palladio (siehe Erläuterung 263,7–8) mit Bleistift, stark verblichen; Corpus VI A, Nr 132 (mit dem Vermerk: »Nicht reproduzierbar.«); auch in WA III 1 nicht abgebildet.

Bl 55 Vs (S. 287): Avocato Reccaini. Ca 210 × 143 mm, Bleistift und Feder mit Tusche und Bister; mit Tinte betitelt, mit Bleistift der Zusatz ad pag. 15. (= S. 258,20–24); Corpus VI A, Nr 119; in WA III 1 nicht abgebildet.

Bl 56 Vs (S. 288): Profil der Mauern bey Palestrina. 60 × 143 mm, gezeichnet und betitelt mit Feder und Bister; mit Bleistift der Zusatz ad pag. 43. (= S. 278,33–279,4); Corpus VI A, Nr 137; in WA III 1 nicht abgebildet.


Fünftes Stück:

36 Kleinquartblätter, einschließlich des Titelblatts, bis Bl 26 ca 146 × 214 mm, ab Bl 27 ca 143 × 210 mm. Papier und Zeilenbreite wie »Drittes Stück«. Paginierung mit Bleistift und jeweils Vs links unten.

Unbeschrieben sind Titelblatt Rs, Bl 2 (gleich auf das Titelblatt folgend), Bl 34 Rs (nach dem letzten Tgb-Eintrag), Bl 35 Rs (nach Gesteinsverzeichnis) und Bl 36.

Auf Bl 16 Vs mit Bleistift erg 8 und NB auch findet sich reiner Gypsspat 9 (S. 303,11). Außerdem im gesamten »Stück« zahlreiche Korrekturen mit Bleistift.


Notizen und Entwürfe zu H:

Auswahlweise mitgeteilt innerhalb der Paralipomena zu IR 1 in WA I 30, 297–300. Zu ihnen gehört auch der unter »Drittes Stück« angeführte Entwurf zum (S. 220 abgebildeten) Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr.


D:

Friedrich Wilhelm Riemer: Mittheilungen über Goethe. Aus mündlichen und schriftlichen, gedruckten und ungedruckten Quellen. Bd 2. Berlin 1841. S. 208–213 und 219 (zitathafte Auszüge)

SchrGG, Bd 2: Tagebücher und Briefe Goethes aus Italien an Frau von Stein und Herder. Mit Beilagen. Hrsg von Erich Schmidt. Weimar 1886. S. 9–214 (vollständiger Erstdruck, aber ohne die zum »Reise-Tagebuch 1786« gehörigen separaten Zeichnungen)

WA III 1, 143–331, udT: Tagebuch der Italiänischen Reise für Frau von Stein. (ohne die dazugehörigen Gesteinsverzeichnisse und separaten Zeichnungen)

Johann Wolfgang Goethe: Reise-Tagebuch 1786 (Italienische Reise). Bd 1–2. Hrsg von Konrad Scheurmann und Jochen Golz mit Transkription von Wolfgang Albrecht. Mainz 1997 (Faksimiledruck von H ohne die separaten Zeichnungen und ein Beiheft, lose beiliegend das Blatt mit dem Vergleichungs Kreis der italiänischen und teutschen Uhr und der Entwurf dazu)



Zum »Reise-Tagebuch 1786« gehörige separate Zeichnungen


Einen Teil der Zeichnungen, die auf der Reise nach Rom entstanden, numerierte Goethe und sandte sie zusammen mit dem »Reise-Tagebuch«, worin sie – meist mit Nummernangabe – erwähnt sind, an Charlotte von Stein. 1788, nach der Heimkehr, vereinigte er die Hauptmasse der in Italien angefertigten Zeichnungen zu einem gehefteten Sammelband (beschrieben von George von Graevenitz in: GJb 1911, S. 12–18), zu dessen erster Abteilung die nachfolgend aufgelisteten Zeichnungen gehört haben. Dieser Sammelband ist dann, zwischen den beiden Weltkriegen, im Zuge von Neuordnungen des Goethe-Nachlasses aufgelöst worden.

Der nachstehenden Abfolge entsprechend finden sich die Zeichnungen, als Abbildung 1–15, nach S. 321 des Textbandes.

Wenn nicht anders angegeben, sind die Beschriftungen eigenhändig mit Bleistift.


No 1 Posthaus Zwota

MSWK: InvNr 145. Corpus II, Nr 1.

174 × 305 mm, blaugraues Papier mit Stockflecken. Bleistift, Kohle. Beschriftung Rs.


No 2 Donau

MSWK: InvNr 146. Corpus II, Nr 5; dort betitelt: Donau bei Regensburg.

186 × 316 mm, weißes Papier. Bleistift (gelöscht), Feder mit Tusche.


No. 2b Donau

MSWK: InvNr 146 Rs. Corpus II, Nr 5; dort betitelt: Kalkfelsen bei Saal a. d. Donau.

Auf No. 2 Rs. Bleistift.


3. Cochl

MSWK: InvNr 147. Corpus II, Nr 7; dort betitelt: Kochelsee-Ufer.

186 × 307 mm, weißes Papier, stark vergilbt. Bleistift.


No 3b gegen den Cochl. See

MSWK: InvNr 147 Rs. Corpus II, Nr 7; dort betitelt: Kochelsee-Ufer von entfernterem Standpunkt.

Auf No 3 Rs. Bleistift.


No 4 Am Walch See

MSWK: InvNr 148. Corpus II, Nr 9; dort betitelt: Walchensee-Ufer.

174 × 308 mm, blaugraues Papier mit Stockflecken. Bleistift. Beschriftung Vs.


No. 5 Cirl

MSWK: InvNr 149. Corpus II, Nr 10; dort betitelt: Vom Gebirge umschlossenes Tal bei Zirl.

174 × 309 mm, blaugraues Papier mit Stockflecken. Bleistift. Beschriftung Vs.


Brenner

MSWK: InvNr 150. Corpus II, Nr 11; dort betitelt: Gegen den Brenner. (Es ist aber nur noch der Name zu erkennen.)

186 × 305 mm, braunes Papier. Bleistift, Kohle. Beschriftung Vs (Titel) und RS: 6.


Brenner

MSWK: InvNr 152 Rs. Corpus II, Nr 12; dort betitelt: Brennerpaß.

188 × 306 mm, stark vergilbtes, einst weißes Papier. Bleistift. Bei der Beschriftung noch eine unleserliche Zahlenangabe.


Roveredo

MSWK: InvNr 151. Corpus II, Nr 13; dort betitelt: Rovereto a. d. Etsch.

186 × 315 mm, weißes Papier. Bleistift, Feder mit Tusche, Tuschlavierung. Beschriftung Rs (Titel) und Vs: 7. (Rs findet sich ferner die kaum noch erkennbare Skizze einer mehrjochigen Brücke.)


Hafen von Torbole

MSWK: InvNr 156. Corpus II, Nr 15; dort betitelt: Hafen Torbole am Gardasee.

188 × 306 mm, vormals weißes und jetzt stark vergilbtes Papier. Bleistift. Beschriftung Rs (Titel) und Vs: 8.


Lago di Garda

MSWK: InvNr 153. Corpus II, Nr 14; dort betitelt: Gardasee, vom Hafen Torbole gesehen.

188 × 306 mm, vormals weißes und jetzt stark vergilbtes Papier. Bleistift. Beschriftung Rs (Titel) und Vs: 9.


L. d. G.

MSWK: InvNr 152. Corpus II, Nr 12; dort betitelt: Gardasee mit Riva, Monte Brione und Torbole.

188 × 306 mm, weißes Papier mit braunen Farbflecken. Bleistift. Beschriftung Vs: Titel und 10.


Castel di Malsesine al Lago di Garda

MSWK: InvNr 154. Corpus II, Nr 16; dort betitelt: Castell Malcesine am Gardasee.

186 × 309 mm, ursprünglich weißes, vergilbtes Papier. Bleistift. Beschriftung Vs: Titel und 11.


Venedig

MSWK: InvNr 155. Corpus II, Nr 22; mit gleichem Titel.

187 × 314 mm, graubraunes Papier mit Stockflecken. Bleistift, schwarze Kreide. Beschriftung Rs. Laut WA III 1, 364 muß früher noch die Bezifferung erkennbar gewesen sein: 12.

Wieder in einer Höle] Siehe Tagebuch 25. und 26. Oktober (S. 310,4–8 und 27–29), mit den dazugehörigen Erläuterungen. Die Übernachtungsstätte ließ sich bislang nicht identifizieren.

Ein Priester] Nicht identifiziert.

Aquedukt bis zum andern] Die römische Wasserleitung aus dem 1. Jh wurde im 14. Jh zu einer zehnbögigen Brücke (Ponte delli Torri, 230 m lang, 80 m hoch) ausgebaut, die den Stadtberg von Spoleto mit dem Monte Luco verbindet.

das dritte Werck der Alten] Nach dem Amphitheater von Verona und dem Minervatempel in Assisi.

Winter kasten auf Weisenstein] Siehe die drei Erläuterungen zu 93,17. Goethe besuchte die Schloßanlage zusammen mit Fritz von Stein auf dessen Wunsch hin (vgl Brief an Charlotte von Stein, 28. September 1783) Anfang Oktober, im Anschluß an die Harzreise 1783.

St. Crucifisso bis Tempels] Goethes Vermutung, wohl durch Volkmann angebahnt (vgl die folgende Erläuterung), hat sich bestätigt. Die bei Trevi gelegene Kirche San Salvatore del Crocefisso ist ein Bau des 8. Jh; dargestellt bei Palladio (»I Quattro libri« IV 25), der ihn ebenfalls für antik hielt.

Eine Beschreibung bis nicht werth] Antithetisch zu den lobenden Ausführungen bei Volkmann, Bd 3, S. 383–384, über den Tempel: »Er scheint nicht sehr alt zu seyn, fällt aber von ferne artig und malerisch in die Augen. Die Form ist ein langes Viereck, dessen Vorderseite vier korinthische Säulen und zwey Pilaster hat. Die Mauern sind bis an die Pilaster verlängert. Er hatte sonst zwey Eingänge auf den Seiten, weil die Vorderseite auf der steilen Seite des Berges steht, sind solche aber verfallen. Die Baukunst an dem Tempel und die Verzierungen verdienen wegen des guten Geschmacks Beyfall; die Schäfte sind gestreift, und das Laubwerk ist leicht und artig gearbeitet. Der Fuß oder Untersatz, worauf der ganze Tempel steht, giebt ihm ein besseres Ansehen. 〈…〉 Am Friese stehen christliche Innschriften, welche es glaublich machen, daß das Gebäude von Christen aufgeführt worden.«

Die Römische Geschichte] Sie rückte Goethe in Terni, dem »Vaterland des berühmten Geschichtschreibers Tacitus« (Volkmann, Bd 3, S. 368), offenbar besonders nah.

Etrurier] Etrusker. Das Siedlungsgebiet des antiken Volksstamms durchquerte Goethe von Bologna bis Rom in südsüdöstlicher Richtung.

das Gemälde Raphaels] »Das Vornehmste in Foligno ist das Kloster delle Contezze, wegen eines darinn befindlichen berühmten Gemäldes vom Raphael« (Volkmann, Bd 3, S. 385), die Madonna di Foligno, die sich heute in der Pinakothek des Vatikans befindet.

die Wasserfälle] »Der berühmte Wasserfall zu Terni, caduta delle marmore genannt, entsteht durch den Velino, welcher sich über zweyhundert Fuß hoch senkrecht in die Nera herabstürzt. Außer dem Fall des Niagara in Amerika weis man in der jetzt bekannten Welt keinen, der mit diesem zu vergleichen wäre.« (Volkmann, Bd 3, S. 369; ausführliche Beschreibung S. 372–374.) Daß Goethe die drei Fälle (Stürze von 15, 180 und 75 m) nicht sah, erhärtet den Befund, eine ihnen gewidmete unbetitelte Bleistiftzeichnung mit Sepialavierung sei »eine Kopie, die nicht unmittelbar am Ort 〈…〉, sondern später, im Nov./Dez. 1786 in Rom ausgeführt wurde« (Corpus II, S. 17, zu Nr 24). Eine weitere Zeichnung, Bleistift und Feder mit Tusche, von Goethe eigh bezeichnet Terni 1786 (Corpus II, Nr 23), ist hingegen unmittelbar am Ort entstanden oder zumindest begonnen, in Rom dann vielleicht überarbeitet worden.

wenn uns bis schlägt] Nach 2. Könige 19,35.

Apeninen von Bologna] Der Etruskische Apennin.

Mittag] Süden.

See von Perugia] Siehe zu 309,23.

meiner Hypothese] Siehe Note a zu »erstes Stück« und zu »zweytes Stück« des »Reise-Tagebuchs 1786«; S.176–178 und200–201.

die grose Plaine des Po] Die Ebene zwischen Turin und Adriatischem Meer, die der Fluß von West nach Ost durchquert.

Das Gebirg] Apenninen, speziell der Etruskische Apennin.

der alte Kalck] Zechstein, im Unterschied zum jüngeren Muschelkalk.

Flötz Lagen] Schichten praktisch nutzbaren Gesteins.

Trevi bis zwischen Bergen] Auf dem Weg von Foligno nach Spoleto. Eine öfter (noch zuletzt in FA 15/2, S. 1521) angenommene Verwechslung mit Terni (so in IR 1; WA I 30, 189) liegt wohl nicht vor, zumal sich bei Trevi die kurz zuvor (S. 315,23–27) erwähnte Kirche San Salvatore del Crocefisso befindet.

wie Bologna bis Ende] Bologna liegt an der Nordostflanke des Etruskischen Apennin und Trevi an den Südwestausläufern des Römischen Apennin.

morgen] In der Gegend von Cività Castellana.

Volkm. sagts] Bd 3, S. 362: »Der Berg worauf Citta Castellana angelegt ist, besteht aus einem röthlichen Tuffstein, worinn viele schwarzgebrannte Bimssteine stecken, welche theils klein, theils so stark als ein Mann im Leibe sind.«

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 27.10.1786 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_1142.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 313–316 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. – (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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