Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 1152
8. Dezember 1786, Freitag, Rom

8. früh Pall. Rondanini schöne Medusen maske, N. B. zum Amazzament. Procession. Kirchen musick bey St Giacomo Oratorium bey Chiesa Nova Patri del Oratorio. 1

  1. danach Rest des Blattes, ca ein Drittel, unbeschrieben  ↑

H: GSA 27/57


Die Tagebuchaufzeichnungen befinden sich in einem eigenhändigen, aus Quartblättern (163 × 202 mm) bestehenden Notizbuch Goethes, das in einen dünnen, verblaßt blauen Pappeinband eingebunden und von Goethes Sekretär Friedrich Theodor David Kräuter mit schwarzer Tinte beschriftet ist: »Tragblatt. / Aller⟨l⟩ey Notanda / während der 1​ n Reise in / Italien.«

Es ist bis Bl 53 jeweils auf der Vs rechts oben eigenhändig durchpaginiert, aber nur teilweise beschrieben. Von rückwärts her, das Buch umgedreht, beginnen nochmals Eintragungen auf unpaginierten Blättern.

Die Tagebuchnotizen stehen auf dem unpaginierten Bl 3 Vs; geschrieben mit verblaßter schwarzer Tinte, die Einträge zum 6. und 8. Dezember mit Bleistift. Die Notizen sind schräg vertikal mit kräftigerer schwarzer Tinte durchstrichen.

Goethe hat sie später dem Jahre 1787 zugeordnet, und zwar sowohl im Schlußteil der »Italiänischen Reise« (»Zweiter römischer Aufenthalt vom Juni 1787 bis April 1788«, vgl »December. Bericht«; WA I 32, 163–164 und 169–170) als auch in einer Vorarbeit zur Autobiographie (»Tageregister einer Italiaenischen Reise 1786 Sept – 1788 Juni«; WA I 32, 471–480; siehe S. 479). Sie gehören aber eindeutig in den Dezember 1786, wie die Erwähnung der – bereits Mitte 1787 gedruckten – »Iphigenie auf Tauris« und des Ammazzamentos (siehe die jeweils erste Erläuterung zu 341,4 und zu 341,12) beweisen.


D:

SchrGG, Bd 2: Tagebücher und Briefe Goethes aus Italien an Frau von Stein und Herder. Mit Beilagen. Hrsg von Erich Schmidt. Weimar 1886. S. 402–403

In WA nicht enthalten.

Pall. Rondanini] Mit Reliefs und Statuen im Hof, darunter ein verworfener Christus-Torso von Michelangelo. Gegenüber lag Goethes Haus; siehe zu 318,9.

schöne Medusen maske] Medusa Rondanini: antike Plastik eines mythologischen schlangenhaarigen Frauenungeheuers, dessen Anblick versteinerte. In IR 1, Den 25. December, deswegen gerühmt, weil in einer hohen und schönen Gesichtsform, über Lebensgröße, das ängstliche Starren des Todes unsäglich trefflich ausgedrückt ist (WA I 30, 238). Goethe besaß einen Gipsabguß, mit dem er nicht recht zufrieden war (vgl auch IR 3, 29. Juli 1787; WA I 32, 39). Später ließ er sich einen weiteren Abguß schicken; siehe Tgb 21. Dezember 1825.

Amazzament] Ammazzamento: Tötung; Schlachtung. Goethe an Friedrich von Stein, 4. Januar 1787 (WA IV 8, 113–114): Neulich sahen wir, und ich kann wohl sagen, hörten wir 1000 Schweine in einem engen Bezirk abschlachten. Es geschieht dies den Winter über, alle Freitage 〈…〉. Das Lärmen der Menschen, das von dem Geschrei der Thiere überschrieen wird, die Händel, die dabei vorfallen, der Antheil der Zuschauer und noch allerlei Detail machen dieses Amazzamento zum sonderbarsten Spektakel. Es geschieht auf diese Weise, weil hier Alles Monopol ist, und die Regierung die Schweine aufkauft, schlachten läßt, und dann an die Fleischer austheilt.

Kirchen musick bey St Giacomo] San Giacomo degli Spagnuolio, erbaut um 1450 und erneuert um 1600. »An allen grossen Festtagen werden hier prächtige Musiken aufgeführt 〈…〉. Die Kirche besitzt viel gute Gemälde.« (Volkmann, Bd 2, S. 439.)

Chiesa Nova] Volkmann, Bd 2, S. 384: »Die Chiesa nuova, oder Maria in Vallicella ⟨im schmalen Tal⟩ führt den letzten Namen, weil sie in einer gewissen Tiefe liegt; man nennt sie aber mehr Chiesa nuova, seitdem sie durch Vorsorge des heiligen Philippus Neri ⟨1515–1595⟩ im Jahr 1575. ⟨bis 1605⟩ neu und prächtig erbauet worden.« Der Hauptaltar mit einem Triptychon »Maria mit dem Kinde« (1608) von Peter Paul Rubens. Goethes intensivere Beschäftigung mit dem Gründer der Kirche bezeugt sein Aufsatz »Philipp Neri, der humoristische Heilige« in IR 3 (WA I 32, 186–204). Vgl auch Goethes Interesse an dem lachenden Heiligen Zeno im »Reise-Tagebuch 1786«; S. 224,28–29.

Patri del Oratorio] Die Mönche der von Neri (siehe vorige Erläuterung) gegründeten Kongregation des Oratoriums ließen 1638 an Chiesa nuova das Oratorio dei Filippini anbauen.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 8.12.1786 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_1152.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 341 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 622–623 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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