BuG: BuG II, A 1414
Weimar 24. 12. 1781

Vorrede zu ‚Das Neueste von Plundersweilern’ (WA I 16, 43)

Weimar 24. 12. 1781

Herzogin Amalia hatte die gnädige Gewohnheit eingeführt, daß Sie allen Personen Ihres nächsten Kreises zu Weihnachten einen heiligen Christ bescheren ließ. In einem geräumigen Zimmer waren Tische, Gestelle, Pyramiden und Baulichkeiten errichtet, wo jeder Einzelne solche Gaben fand, die ihn theils für seine Verdienste um die Gesellschaft belohnen und erfreuen, theils auch wegen einiger Unarten, Angewohnheiten und Mißgriffe bestrafen und vermahnen sollten.

Zu Weihnachten 1781 verbanden sich mehrere dieses Vereins, der Fürstin gleichfalls eine Gabe darzubringen, welche nichts Geringeres sein sollte, als die deutsche Literatur der nächstvergangenen Jahre in einem Scherzbilde. Über diesen Gegenstand war so viel gesprochen worden, so viel gestritten und gemeint, daß sich manches Neckische wohl zusammenfassen ließ, und das Zerstreute in einem Bilde aufzustellen möglich war. Nach Erfindung und Entwurf des Verfassers ward durch Rath Krause eine Aquarellzeichnung verfertigt, zu gleicher Zeit aber ein Gedicht geschrieben, welches die bunten und seltsamen Gestalten einigermaßen erklären sollte. Dieses Bild war auf einem verguldeten Gestell eingerahmt und verdeckt, und als nun jedermann sich über die empfangenen Gaben genugsam erfreut hatte, trat der Marktschreier von Plundersweilern, in der von Ettersburg her bekannten Gestalt, begleitet von der lustigen Person, herein, begrüßte die Gesellschaft, und nach Enthüllung und Beleuchtung des Bildes recitirte er das Gedicht, dessen einzelne Gegenstände der Begleiter, wie sie eben vorkamen, mit der Pritsche bezeichnete. Dieser Scherz gelang zur Ergetzung der höchsten Gönnerin, nicht ohne kleinen Verdruß einiger Gegenwärtigen, die sich getroffen fühlen mochten.

Vorbemerkung zu ‚Das Neueste von Plundersweilern‘ (WA I 16, 408; IV 43, 392)

Weimar 24. 12. 1781

Nachdem in den letzten siebziger Jahren das Jahrmarktsfest zu Plundersweilern mehrmals mit vorzüglichen Beyfall in Ettersburg aufgeführt worden, so gab dies in der Folge Gelegenheit zu scherzhafter Frage: ob von diesem vielbesprochenen Orte nicht irgend etwas Neues zu vernehmen sey?

Unterzeichneter beredete sich deshalb mit dem immer bereitwilligen Künstler Rath Krause und man verfaßte gemeinschaftlich ein allegorisch satyrisches Bild, welches zu Weihnachten 1780 [1781] Ihro Durchlaucht der Frau Herzogin Amalia, im wundersamen Goldrahmen, von zwey bekannten Masken, dem Marktschreyer und Hanswurst, wie man sie auf dem Theater gesehen, vorgestellt und von ersterem das nachstehende Gedicht emphatisch rezitirt wurde. Es war dieses eine von den heitern geistreiche Geselligkeit fördernden Exhibitionen, welche von unserer verehrten Fürstin jederzeit freundlichst aufgenommen wurden.

J. A. Aulhorn (Schöll2 S. 531)

Weimar 24. 12. 1781

Der Rath Krauße hatte auf Angeben des Geheimenraths Göte ein Gemählde gemacht, welches das Neuste zu Plundersweilen vorstellte. Es war ein großer Mischmasch von menschlichen Thorheiten, welche sich an den genanten Ort zutrugen und schien zugleich eine Anspielung auf die Literatur unserer Zeiten zu seyn. Der Gh. G. hatte Verse verfertigt, welche die Beschäftigung und Würde einer ieden Gestalt dieses Gemähldes an’s Licht stellten. Das Gemählde, welches in einen über Manneshohen, Ellipsenförmigen, mit Satyrsköpfen und verguldeten Schnitzwerke verzierten Rahm gefaßt war, stand in dem schmalen Sälgen, gegen die Thür gewendet, worinne man in den Aufenthalt der Medizäischen Venus hineingehet. Es war mit 14 Lichtern erleuchtet und darhinter war ein grünes Tuch angeschlagen, welches die nehmlichen Dienste that als bei einem Gemählde der Grund. Die Musik war im Saal. Die Kleidung des Gh. Götens war rothe Strümpfe, welche über die Knie giengen, eine große Bürgermeistersweste, dergleichen Manschetten, Schapeau und Halskrauße, Rock mit großen Aufschlägen, und eine schwartze Perruque. Als der Hertzogin zu wißen gethan worden war, daß alles bereit sei, gieng der Gh. G. mit mir, der ich die nehmliche Kleidung anhatte als auf dem Jahrmarkt zu Plundersweilen und eine Masque vor dem Gesicht, der Hertzogin entgegen; er sagte ihr, er hofte, Ihro Durchl. würden denen Vornehmen zu Plund. die hohe Ehre nicht abschlagen, sie ein wenig im Vorbeigehen zu besuchen, da ihnen diese hohe Gnade an den vorigen Jahrmarkt schon einmahl widerfahren sei; doch ließe sich der dasige Senat entschuldigen, daß er nicht selbst gekommen sey, Ihro Durchl. zu bewillkommen, weil seine Glieder alle verheirathet und Kinder hätten und sich also des Vergnügens ohnmöglich berauben könnten, ihren kleinen Zöglingen heute Abend Heiligen Christ zu bescheeren; derowegen hätten sie ihn armen Hagestoltz abgeschickt Ihro Durchl. einzuladen. Damit war die Anrede aus, ich gab das Zeichen, daß die Musik angieng und die Hertzogin trat in den Aufenthalt der Medizäischen Venus hinein; sie besah mit Fr. v. Jöchhauß das Gemählde. Wie die Musik aus war, setzte sie sich, wobei ich ihr den Stuhl schieben mußte; der Gh. G. nahm die Verse und einen Stab in die Hand, deklamirte sie und wieß mit dem Stab auf die Sachen im Gemählde, welche die Verse erklärten. Da dieses vorbei war wünschte ich, daß das Gemählde noch einmal so groß wäre, auf daß mein Verstand noch länger auf so eine angenehme Weise ergözt würde: doch iedes Ding hat sein Ende und meine Beschreibung hat das ihrige auch erreicht.

An Charlotte v. Stein 24. 12. 1781 (WA IV 5, 242)

Weimar 24. 12. 1781

Um 10 geh ich auf das Theater und vorher einen Augenblick zu dir.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_1414 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_1414.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 335 f. (Ernst Grumach/Renate Grumach).

Zurück zum Seitenanfang