BuG: BuG II, A 2406
Karlsbad 5. 7./1. 8. 1785

Caroline v. Herder, Erinnerungen: Ein Wort über den Geh. R. Voigt zu Weimar (SB Berlin, StPrK; Dep. Tübingen)

Karlsbad 5. 7./1. 8. 1785

Vorzüglich besizt er die Kunst bei den Menschen die schwache Seite aufzufinden, sie dabei zu fassen, zu berücken u. zu beherrschen. Mit dieser Kunst hat er den Herzog u. Goethe beherrscht, u. beherrscht sie noch. Mit einem solchen konnte nie ein Verhältniß, eine Freundschaft mit Herder statt haben. Auch dauerte dies Verhältniß nicht lange. Voigts Eitelkeit wurde im Karlsbad, wo wir zusammen gewesen waren, beleidigt. Herder wurde von Diesem u. Jenem aufgesucht, vorgezogen, eingeladen. Voigt nicht. Dies gab Misstimmung u. baldige Trennung. Zu gleicher Zeit wurde Voigt mit Goethe, der damals auch in Karlsbad war, durch Herder näher bekannt. Ihre beiderseitige Liebhaberei zu Mineralien, u. Voigts kriechende Kunst verband sie schnell. Herder war hierdurch die erste Sprosse zu Voigts Glück. Goethe empfahl ihn nachmals dem Herzog u. hob ihn auf die Stelle, wo er nun so lange mit der niedrigsten Seele u. Heucheley nur seine u. des Herzogs Absichten mit der frechsten Art gegen Honnetetät und Gerechtigkeit ausführt.

An Carl August 15. 8. 1785 (WA IV 7, 75)

Karlsbad 5. 7./1. 8. 1785

Herder war recht wohl hier und auch meist zufrieden. Er hat sehr gefallen und man hat ihn auserordentlich distinguirt, besonders Fürst Czartorisky.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_2406 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_2406.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 536 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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