BuG: BuG II, A 2401
Karlsbad 13. 7. 1785

An F. v. Stein 13. 7. 1785 (WA IV 7, 73)

Karlsbad 13. 7. 1785

Wir haben viel Berge bestiegen, und bringen dir auch mancherlei Steine und Stufen mit. Herr v. Knebel grüßt dich, auch deine Mutter. Sie ist recht wohl.

Es sind sehr viele Menschen hier, auch einige Geschöpfe von deinem Alter, – ein Jeder kommt mit seinem Töpfchen früh Morgens an den Sprudel und genießt das heiße Wasser.

Sophie Becker, Reisetagebuch 15. 7. 1785 (Karo-Geyer S. 157)

Karlsbad 13. 7. 1785

Erst hier [in Bayreuth] ... hole ich den übrigen Teil von Göckingks Geburtstag [13. 7.] nach. Den Mittag speisten wir in einer geschlossenen Gesellschaft in einem der Säle. Göckingk selbst wie auch Bernhard [Becker] und die Rutenberge mußten bei Prinz Adam [Czartoryski] dinieren. Unsre Tischgesellschaft bestand aus dem Brühlschen Hause, Herder, Goethe, Hofrat Voigt mit seiner Frau, Bergrat Rosenstiel mit seiner Frau, Buchhändler Spener mit seiner Frau, Hofrat Lieb, Schwarz, Darbes, Ursinus, Frau von Stein, Herrn von Schardt, Herrn von Knebel. Die Mahlzeit verging unter angenehmen Gesprächen, und wir hätten gern bis vier Uhr bei Tische zugebracht, wenn nicht jedes aus der Gesellschaft seine Geschäfte gehabt hätte und daher hätte wegeilen müssen. Besonders bereitete Moritz Göckingk eine Überraschung auf der Lorenzo-Kapelle. Bernhard hatte auf Tinas [Gräfin Brühl] Verlangen ein Liedchen auf den Tag verfertigen müssen. Dieses wollte ihm Tina singen. Gegen Abend mußte die obengenannte Gesellschaft, welche nur noch durch Göckingk selbst, Bernhard, die Rutenberge, Hofrat Le Roi, Herrn von Ziegesar vermehrt war, auf die Lorenzo-Kapelle gehen. Hier hatte Moritz eigenhändig eine Laube von Grünem errichtet, in deren Mitte ein Altar errichtet war mit der Inschrift: Der Freundschaft geweiht. Über dem Eingange der Grotte stand ein Vers aus Göckingks Epistel an Augusta, welche ungefähr anfängt:

  „Wie, lernten wir denn bloß für eine Welt uns kennen,   Auf die so kurz die Sonne scheint.“

Kaum waren wir alle an Ort und Stelle, als Tina zuerst ein Lied an die Freundschaft mit Begleitung von ein paar blasenden Instrumenten anhob, in welches sich bald Moritz, Colo [Karl v. Brühl] und die noch mehr aus der Gesellschaft Stimme hatten, mischten; und alsdann das Lied auf den Tag. Wir alle legten Blumen auf den Altar. Bei dem allem war es der schönste Sommerabend und dann der letzte vor einer Trennung, die vielleicht für dieses Leben die letzte war. Es war ein recht rührender Tag, und Lachen und Weinen wechselten recht wunderbar. Um neun zog alles den Hügel herab. Keiner sagte dem andern lebewohl – jeder fühlte dieses harte Wort.

Literaturverweis/Erläuterung

Karlsbad 13. 7. 1785

Vgl. auch Goethes Eintragung in Elisa v. d. Reckes Fächeralbum 13. 7. 1785 (NJbbklAlt 39 I S. 344)

Literaturverweis/Erläuterung

Karlsbad 13. 7. 1785

Vgl. auch Sophie Beckers Schilderung des Festes in ihren Briefen einer Curländerin (Schwarz 2, 95 ff.)

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG II, BuG02_A_2401 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG02_A_2401.

Entspricht Druck:
BuG II, S. 533 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

Zurück zum Seitenanfang