BuG: BuG I, A 503
Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Chr. Graf zu Stolberg an H. W. v. Gerstenberg 21. 1. 1776 (GJb 10, 144)

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Von da [Gotha] nach Weimar, wo wir unsern geliebten Göthe fanden, mit dem wir so gerne die ganze Reise gemacht hätten. Wir genossen ihn 8 Tage, und lebten in Weimar mit ihm mit dem Herzog der ein trefflicher junger Mann ist, und mit den beiden Herzoginnen die sind wie Herzoginnen nicht sind, herlich und in Freuden. Der ganze Hof ist sehr angenehm, man kann vergessen dass man mit Fürstlichkeiten umgeht. Wieland sahen wir viel.

F. L. Graf zu Stolberg an J. M. R. Lenz 3. 2. 1776 (Freye - Stammler 1, 173)

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

In Deutschland ist mir in Weymar vorzüglich woll worden. Der Herzog ist ein herrlicher Junge, beide Herzoginnen, Mutter und Frau, sind zween Engel. Unser lieber Wolf lebt dort herrlich u. in Freuden, weil von allen geliebt, ist sogar ein Herzens-Freund von Wieland.

F. L. Graf zu Stolberg an J. M. Miller 17. 2. 1776 (GJb 29, 28)

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

In Gotha waren wir 3 Tage. In Weimar 8, Göthe war dort, zu unsrer großen Freude. Der Herzog ist ein herrlicher Jung, seine Frau u. Mutter zwo treffliche Weiber. Es ward uns sehr wohl in Weimar, so eine gute Fürstenfamilie habe ich nicht für möglich gehalten. Auch werd ich wieder hin gehen u. zwar dort in Dienste gehen. Der Herzog ließ mir eine Kammerherrn Stelle mit 600 Thlr. u. freie Tafel antragen im Fall die Landstände in die Creation von 6 Kammerherrn einwillgen würden, er ließ mir zu verschiedenen malen durch Göthe u. den trefflichen Dahlberg Mainzischen Stadthalter von Erfurt den Antrag thun ...

Wieland war ein wenig verlegen, als wir zu ihm kamen, aber bald verlor sich das, wir sprachen über Homer in der ersten Stunde, u. er sprach so gut und wahr daß wir durch diesen Anlaß offen gegen einander wurden. Er u. Göthe sind völlig ausgesöhnt.

F. L. Graf zu Stolberg an Klopstock 8. 6. 1776 (Im neuen Reich 1874, 2 S. 337)

B2 134

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Ich kenne zwar ganz Goethens unbiegsames Wesen, aber daß er einen solchen Brief, von Ihnen so beantworten könnte, davon hatt’ ich keine Idee. Es thut mir in der Seele weh für ihn, er verdients Ihre Freundschaft zu verlieren, und doch weiß ich, wie er im Herzen Sie ehrt und liebt; das sag ich nicht ihn zu entschuldigen, ich kann und mag hierin ihn nicht entschuldigen und bin indignirt über seinen Brief. Starrkopf ist er im allerhöchsten Grade, und seine Unbiegsamkeit, welche er, wenn es möglich wäre, gern gegen Gott behauptete, machte mich schon oft für ihn zittern. Gott welch ein Gemisch, ein Titanenkopf gegen seinen Gott und nun schwindelnd von der Gunst eines Herzogs! ... Und doch kann er so weich sein, ist so liebend, läßt sich in guten Stunden leiten am seidnen Faden, ist seinen Freunden so herzlich zugethan – Gott erbarme sich über ihn und mach ihn gut, damit er treflich werde, aber wenn Gott nicht Wunder an ihm thut, so wird er der Unseeligsten einer. Wie oft sah ich ihn schmelzend und wütend in einer Viertelstunde.

F. L. Graf zu Stolberg an Henriette Gräfin Bernstorff 6. 12. 1775 (Janssen 1, 63)

B2 131

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Einen Nachmittag las Göthe seinen halbfertigen Faust vor. Es ist ein herrliches Stück. Die Herzoginnen waren gewaltig gerührt bei einigen Scenen.

v. Byern an Knebel 18. 2. 1776 (Düntzer5 1, 52)

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Goethe sur le point de faire la voyage de Berlin avec les Stolbergs, je suis bien faché de lui, qu’il s’est ravisé, et pour me dédommager en quelque façon j’ai bien questionné les Stolbergs à son sujet ... Aurons nous bientot Claudine, le Comte Egmont ou le Docteur Faust, comme les Stolbergs m’ont dit que Goethe y travaille.

J. H. Voß an J. M. Miller 20. 12. 1775 (GJb 33, 17)

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

[Friedrich Leopold zu] Stolberg giebt etwas in den Merkur, weil ihn die Herzogin u Göthe so sehr gebeten haben.

F. L. Graf zu Stolberg an F. H. Jacobi 19. 2. 1794 (Roth 2, 148)

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Ich freue mich, daß Dir vieles in meinem Numa so lieb geworden. Seinen Hauptfehler, seinen Keim des Todes konntest Du aus dem wenigen, was da ist, nicht ... sehen ... Es ist der, daß es ihm an Einem bestimmten Hauptzweck fehlt. Ich erinnere mich Göthen darüber, daß man dieses bei Dichtungen jeder Art verlanget, spotten gehört zu haben. Izt würd’ er, glaub ich, anders urtheilen.

F. L. Graf zu Stolberg an Katharina Gräfin zu Stolberg 27. 1. 1778 (Janssen 1, 91)

B2 133

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Shakespeare gehört zu den Dingen, von denen Göthe sagt, daß man nicht von ihnen reden kann, zum wenigsten nicht über sie disputiren.

*Böttiger, Lit. Zustände 1, 54

Weimar 26. 11./3. 12. 1775

Als Intermezzo diente die Erscheinung der beiden Stolberge, die mit Lavaters Gnadenöl gesalbt aus der Schweiz zurück hieher kamen. Unter andern wurde damals auf Bertuchs Stube im Fürstenhause ein Geniegelage gehalten, das sich gleich damit anfing, daß alle Trinkgläser zum Fenster hinausgeworfen, u. ein paar schmutzige Aschenkrüge, die in der Nachbarschaft aus einem alten Grab hügel genommen worden waren, zu Pokalen gemacht wurde[n]. Fritz Stolberg hielt eine pathetische Anrede an dieß heilige Gefäß, das die Asche eines ächten alten Deutschen umschlossen habe, und brachte Thuiskons Gesundheit aus, die einer nach dem andern aus dieser Scherbe soff.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0503 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0503.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 391 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

Zurück zum Seitenanfang