Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 175b+
Von Karl Theodor von Dalberg

20. Oktober 1783, ? Erfurt

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Vom gnädigsten Herzogen kann keine Rede seyn. Rödecker liebt und verehrt ihn
nur innigst. Doch der Vorgang ist mir höchst unangenehm. Ich werde Ew. Hoch
wohlgebℓ. beweißen wie sehr ich ihr Freund und Diener bin. Wie aber, wenn
Redecker von hier scheidet? Sie kennen Redeckern; er ist rechtschaffen, edel,
klug; Doch darinn unerschütterlich fest, daß er seine Ehre solang gekranckt
glaubt, biß er Genugthuung hat. Dem Begrif opfert er seine Jezige Lage
u. wenn es sein müßte, Vermögen u. Leben auf, u. ist kühn genug in alle Welt
posaunen zu stosen! Dem Ding, das ich vieleicht hierin StarrSinn und Wahnsinn
nennen möchte, kann niemand steuren als Lutekus u. Gülke Rödeckers
Freunde. Er will soviel ich weiß, weiter nichts als Anerkentniß daß ihm
unrecht geschehen. Nun weiß er wohl, daß ein Fritsch ein Schnaus ein
Göte rechtschaffene Männer u. unfähig sind ihm aus Überzeugung unrecht
zu thun. unterdessen ist ihm das Unrecht doch einmahl auf deren anrathen
geschehen. Dann Thatsache ist es Ja, daß er nicht gehört worden. Was zu
thun seye überlasse ich dem edlen Hertzen dem grossen Geist meines
Freundes Göte. Leugnen kan ich nicht, daß ich Rödeckern sehr schäze.
Aber auch Ew Hochwohlgebℓ. bitte ich um Fortsetzung ihrer mir herzlichst | 2 |
werthen Freundschafft und bin unabänderlich von ganzer Seele


   Ew. Hochwohlgebℓ.

   gehorsamer Diener und
   Freund
Dalberg
   


Diesen Brief bitte ich nicht aus Handen zu geben
und wir sprechen noch ehestens mündlich.


S: LATh - HStA Weimar (Abschrift von J. F. von Fritsch)  D: Bergmann, in: Zeitschr. f. Thür. Gesch. 32 (1937), 119f.  B: 1783 Oktober (WA IV 51, Nr. 1800a)  A: - 

Erläuterung der Haltung C. L. Redeckers (vgl. RA 1, Nr. 175a+), der den Herzog von Sachsen-Weimar verehre, auch die Geheimen Räte J. F. von Fritsch, C. F. Schnauß und G. als rechtschaffene Männer schätze, aber dennoch seine Genugtuung fordere. Tatsache sei, daß er nicht gehört worden. D. sei dies alles sehr unangenehm, auch schätze er Redecker sehr. Dem Ding [...] kann niemand steuern als Lutekus (? J. A. Ludecus) und Gülke (? J. C. Gülicke), Redeckers Freunde. - Bitte, den Brief nicht aus den Handen zu geben.

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 Vom gnädigsten Herzogen kann keine Rede seyn. Rödecker liebt und verehrt ihn nur innigst. Doch der Vorgang ist mir höchst unangenehm. Ich werde Ew. Hoch wohlgebℓ. beweißen wie sehr ich ihr Freund und Diener bin. Wie aber, wenn Redecker von hier scheidet? Sie kennen Redeckern; er ist rechtschaffen, edel, klug; Doch darinn unerschütterlich fest, daß er seine Ehre solang gekranckt glaubt, biß er Genugthuung hat. Dem Begrif opfert er seine Jezige Lage u. wenn es sein müßte, Vermögen u. Leben auf, u. ist kühn genug in alle Welt posaunen zu stosen! Dem Ding, das ich vieleicht hierin StarrSinn und Wahnsinn nennen möchte, kann niemand steuren als Lutekus u. Gülke Rödeckers Freunde. Er will soviel ich weiß, weiter nichts als Anerkentniß daß ihm unrecht geschehen. Nun weiß er wohl, daß ein Fritsch ein Schnaus ein Göte rechtschaffene Männer u. unfähig sind ihm aus Überzeugung unrecht zu thun. unterdessen ist ihm das Unrecht doch einmahl auf deren anrathen geschehen. Dann Thatsache ist es Ja, daß er nicht gehört worden. Was zu thun seye überlasse ich dem edlen Hertzen dem grossen Geist meines Freundes Göte. Leugnen kan ich nicht, daß ich Rödeckern sehr schäze. Aber auch Ew Hochwohlgebℓ. bitte ich um Fortsetzung ihrer mir herzlichst| 2 | werthen Freundschafft und bin unabänderlich von ganzer Seele

 Ew. Hochwohlgebℓ.  gehorsamer Diener und  Freund Dalberg  

 Diesen Brief bitte ich nicht aus Handen zu geben und wir sprechen noch ehestens mündlich.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 175b+, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0175_00192.

Druck des Regests in: Ergbd. 1-5, 547.

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