Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 169
Von Friedrich Heinrich Jacobi

22. November 1782, Düsseldorf

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Ich habe dein Packet, Du Lieber!
und ich hang an deinem Halse, O,
ganz anders, wie ehmals. Bruder!
Unaussprechlich – Wortlos, Bildlos,
Begrifflos, heißt dich mein tiefstes
Inneres: Bruder! – So viel ich
wollte könnt' ich weinen; aber
ich mag der Thränen nicht los seyn,
die mir, wie Saft u Blut durch
alle Nerven u Adern dringen –
Das Schreiben stört mich. Schick
mir dein Bild.

Ade!
    Ftz



Die Schwestern sind seit dem herein gekommen, in
   die Stadt. | 2 |
Sie kommen gewöhnlich im Winter,
Dienstags u Freytags,
nach Tische zu uns in, u Sontags
in der Frühe schon. Wie wir
heute, mit Betti, beysammen
saßen: Lieber! Du hättest, un-
sichtbar dabey sein müßen; oder,
beßer, sichtbar unversehens zu
uns herein treten sollen. O
komm doch bald einmal und
labe dich in meiner friedlichen
Hütte. Alle, Bruder, grüßen
u herzen dich schwesterlich
   


Es ist wunderbar wie manchmal
Dinge zusammen treffen können. Zu | 3 |
Münster, an dem Tage wo ich
deinen Brief erhielt, hatte ich die
Nacht zuvor v dir geträumt:
Du schicktest mir dein Bild in
Gips. Den Morgen beym Früh-
stück erzählte die Prinzeßinn
v deinem Bilde, welches sie in
Mösers Hause zu Osnabrück ge-
sehen hatte; u mein Traum er-
wachte. Immer hatte dieses
edle Weib viel Muth zu
deinem Genius, u sprach auch
diesmal wieder aus der Fülle
dieses Muths – den Mittag
kam dein Brief –.


S: GSA 51/II,2 St. 18  D: JacobiI 3, Nr. 847  B: 1782 November 17 (WA IV 6, Nr. 1625)  A: -  V: Konzept 

Dank für das Paket mit der Abschrift der "Iphigenie". Begeisterung über die erneuerte Freundschaft und Einladung G.s nach Düsseldorf. - Von Gesprächen mit der Fürstin Gallitzin über G.

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 Ich habe dein Packet, Du Lieber! und ich hang an deinem Halse, O, ganz anders, wie ehmals. Bruder! Unaussprechlich – Wortlos, Bildlos, Begrifflos, heißt dich mein tiefstes Inneres: Bruder! – So viel ich wollte könnt' ich weinen; aber ich mag der Thränen nicht los seyn, die mir, wie Saft u Blut durch alle Nerven u Adern dringen – Das Schreiben stört mich. Schick mir dein Bild.

Ade!   Ftz


 Die Schwestern sind seit dem herein gekommen, in  die Stadt.| 2 | Sie kommen gewöhnlich im Winter, Dienstags u Freytags, nach Tische zu uns in, u Sontags in der Frühe schon. Wie wir heute, mit Betti, beysammen saßen: Lieber! Du hättest, unsichtbar dabey sein müßen; oder, beßer, sichtbar unversehens zu uns herein treten sollen. O komm doch bald einmal und labe dich in meiner friedlichen Hütte. Alle, Bruder, grüßen u herzen dich schwesterlich  

 Es ist wunderbar wie manchmal Dinge zusammen treffen können. Zu| 3 | Münster, an dem Tage wo ich deinen Brief erhielt, hatte ich die Nacht zuvor v dir geträumt: Du schicktest mir dein Bild in Gips. Den Morgen beym Frühstück erzählte die Prinzeßinn v deinem Bilde, welches sie in Mösers Hause zu Osnabrück gesehen hatte; u mein Traum erwachte. Immer hatte dieses edle Weib viel Muth zu deinem Genius, u sprach auch diesmal wieder aus der Fülle dieses Muths – den Mittag kam dein Brief –.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 169, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0169_00183.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 169.

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