Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 146
Von Johann Jakob Griesbach an ? Goethe

11. Mai 1781, Jena

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Hochwohlgebohrner Herr,
   Hochgebietender Herr Geheimder Rath!


Ew. Hochwohlgebohrnen hochgeneigteste Zuschrifft vom
1​ten dieses konnten mir, eines Zufalls wegen, erst ge-
stern eingehändiget werden, und hatte ich die Ehre aus
derselben zu ersehen, daß bey dem Verkauff der Schnei-
derischen Collection von Autographis nicht bona fide
verfahren worden, und daß insbesondere der Kaufman
Brenner sein dem Herrn Bibliothekar ausdrücklich gegebe-
nes Wort, bis zu einer betimmten Zeit die Abschliesung
des Kaufs mit meinem Commissair anstehen zu lassen,
sehr unschicklich gebrochen habe. Wie ich mir nun
schmeichle, daß Ew. Hochwohlgebohrnen mich von
allem, auch dem entferntesten, Antheil an den gebrauch-
ten Winckelzügen frey sprechen werden, von welchen ich
noch damals, als ich es wagte an Hochdieselben mich
unterthänig gehorsamst zu wenden, nicht das allermin-
deste wuste; so sehe ich auch sehr wohl ein, daß | 2 |
die Fürstℓ. Bibliothek in gegenwärtigem Fall das ge-
gründetste Recht hatte, den Verkäufer an sein ein-
mal gegebenes Wort zu halten. Bey diesem mir
unbekannt gewesenen Umstand beruhige ich mich nun
desto lieber, da ich ehrerbietigst bekennen muß,
daß dies gegen mein Vermuthen von Ew. Hochwohl-
gebohrnen gut geheißnen Grundsatz, daß die F.
Bibliothek in einen Kauf treten und das Näherrecht
exerciren könne, vielleicht eher mich besorgt machen,
als beruhigen würde. Allein dießmal komt es wirk-
lich gar nicht einmal auf diesen Satz an, und be-
klage ich nichts mehr, als daß aus Urkunde der wah-
ren Umstände ich mich gedrungen gesehen, Hoch-
Denenselben beschwehrlich zu fallen.


Geruhen Ew. Hochwohlgebohrnen die ehrerbietig-
ste Versicherung hochgeneigtest anzunehmen, daß
es mein gröster Wunsch ist, ferneren hohen
Wohlwollens mich werth zu machen, und bey jeder
Gelegenheit zu beweisen, wie unbegränzt die De-
votion sey, mit welcher ich lebenslang beharre
   Ew. Hochwohlgebohrnen

   unterthänig gehorsamster

    Joh. Jac. Griesbach.
   

   


S: Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften Budapest  D: -  B?: 1781 Mai 1 (vgl. RA 1, Nr. 146)  A: - 

Aus der Zuschrifft vom 1ten dieses Monats habe Griesbach ersehen, daß bey dem Verkauff der Schneiderischen Collection von Autographis nicht bona fide verfahren worden sei. Er habe keinen Antheil an den gebrauchten Winckelzügen, sehe aber ein, daß die Fürstl. Bibliotheck in gegenwärtigem Fall das Recht habe, den Verkäufer an sein einmal gegebenes Wort zu halten. Griesbach sei nicht bekannt gewesen, daß ?G. am Vorkaufsrecht der Bibliothek festhalte, sonst wäre er ihm nicht beschwerlich gefallen.

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Hochwohlgebohrner Herr,  Hochgebietender Herr Geheimder Rath!

 Ew. Hochwohlgebohrnen hochgeneigteste Zuschrifft vom 1​ten dieses konnten mir, eines Zufalls wegen, erst gestern eingehändiget werden, und hatte ich die Ehre aus derselben zu ersehen, daß bey dem Verkauff der Schneiderischen Collection von Autographis nicht bona fide verfahren worden, und daß insbesondere der Kaufman Brenner sein dem Herrn Bibliothekar ausdrücklich gegebenes Wort, bis zu einer betimmten Zeit die Abschliesung des Kaufs mit meinem Commissair anstehen zu lassen, sehr unschicklich gebrochen habe. Wie ich mir nun schmeichle, daß Ew. Hochwohlgebohrnen mich von allem, auch dem entferntesten, Antheil an den gebrauchten Winckelzügen frey sprechen werden, von welchen ich noch damals, als ich es wagte an Hochdieselben mich unterthänig gehorsamst zu wenden, nicht das allermindeste wuste; so sehe ich auch sehr wohl ein, daß| 2 | die Fürstℓ. Bibliothek in gegenwärtigem Fall das gegründetste Recht hatte, den Verkäufer an sein einmal gegebenes Wort zu halten. Bey diesem mir unbekannt gewesenen Umstand beruhige ich mich nun desto lieber, da ich ehrerbietigst bekennen muß, daß dies gegen mein Vermuthen von Ew. Hochwohl- gebohrnen gut geheißnen Grundsatz, daß die F. Bibliothek in einen Kauf treten und das Näherrecht exerciren könne, vielleicht eher mich besorgt machen, als beruhigen würde. Allein dießmal komt es wirklich gar nicht einmal auf diesen Satz an, und beklage ich nichts mehr, als daß aus Urkunde der wahren Umstände ich mich gedrungen gesehen, Hoch- Denenselben beschwehrlich zu fallen.

Geruhen Ew. Hochwohlgebohrnen die ehrerbietigste Versicherung hochgeneigtest anzunehmen, daß es mein gröster Wunsch ist, ferneren hohen Wohlwollens mich werth zu machen, und bey jeder Gelegenheit zu beweisen, wie unbegränzt die Devotion sey, mit welcher ich lebenslang beharre  Ew. Hochwohlgebohrnen  unterthänig gehorsamster   Joh. Jac. Griesbach.    

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 146, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0146_00159.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 146.

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