Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 128
Von Johann Friedrich Krafft

11. November 1780, Ilmenau

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    Zu Bernhards Geschichte


Hier kommen die ersten Bogen (es möchten 12 bis 14 werden), des allgemeinen Auszugs, aus dem Diario,
Lebenslauf, Collectaneis, Ich hatte vorher, mühsam aus allen, einzelne
Auszüge gemacht, und dachte es mir so zu erleichtern. Nun ich zur Sache schreite,
sehe ich, daß ich eine vergebene Arbeit gethan habe. Da die Wiedersprüche hier
und da auffallend sind, die Data nicht stimmen, oft hie und da Sachen einge-
schoben werden müssen, die in einen stehen, in andern übergangen sind dabey offt die data fehlen pp
muß ich die gemachten Auszüge wieder wegwerfen, und nun Zeile für Zeile
die Bücher wieder selber vornehmen und gegen einander halten, um
ein gantzes daraus zu machen.


Die Verschiedenheit der Data, beruht wohl meistens, auf den alten und
neuen Styl. Schlim ist es, daß dieses nicht immer, sondern nur bisweilen,
dabey steht, man also nicht weiß, welchen Datum man wehlen solle
Da man aus den bisweilen angeführten sieht, es sind beyderley Arth gebraucht.
Noch ist eins unangenehm. Die Nahmen der Städte sind so undeutlich,
daß man nicht weiß, was es für welche seyn sollen, und wer kan alle
Flecken im Kopff haben? da so viele französche und deutsche vorkommen
Doch, ich dencke, man macht nur erst die Arbeit aus den Gröbsten. Es wird
noch genug zu schreiben, und zusammen zu setzen geben, bis Ew Hochwohlgebohℓ. | 2 |
es brauchen können und alles für sich haben. Das Manuscript zur ersten Ausgabe
der Beschreibung von Berlin, das ich offt in Händen bey Nicolai gehabt habe, wurde wohl
12 mahl anders abgeschrieben, ehe es druckfähig war


Ganz auf die Letzt können die data und orter berichtigt werden.


In denen gothischen Briefen, finden sich viele Sachen, die zur Aufklärung, Verbeße-
rung, Erläuterung der Geschichte dienen, diese müssen alle erst unter ihr
gehöriges Jahr gebracht werden.


Ich habe die Mittelstrasse, in der Kürze und Weitläuftigkeit, gewählt. Wolte
man zu weitläuftig seyn, müßte man das gantze Diarium drucken lassen, wolte
man zu kurtz seyn, so wäre der Gebrauch des Diarii unnütz, weil man das andere
Alles schon in den gedruckten Büchern findet. Doch können Dieselben allezeit
noch zu setzen, und abkürtzen, wie Sie wollen. Militair Personen wird eine nicht
zu eng eingeschränckte Erzählung immer lieb seyn.


Wegen der französchen Negotiationen müßten wohl aus denen französchen
Schrifftstellern noch Auszüge gemacht werden. Die in denen Collectaneis sind
gar zu mager gerathen, und manche Bücher gar noch nicht excerpirt, das doch
Haupt Bücher sind. Es wird sich weisen was sich davon künftig noch in denen
gothischen Briefen vorfindet.

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Ich muß manchmahl einen Tag aussetzen, und das war es, was ich letzthin wegen meiner
Gesundheit sagte. Da ich an einen Tisch schreibe, sitze ich gekrümt, meine Brust hat
letzhin durch den Fall etwas gelitten. Wenn ich dann etliche Tage, gekrümt gesessen
und geschrieben habe, muß ich mich ausruhen, weil ich starcke Schmertzen fühle. Hätte
ich, wie sonst ein Pulpet, stehend dran schreiben zu können, fiel dies weg.
Es machen zu lassen, ist zu theuer, und da ich doch nicht ewig hier bleiben werde,
unnütz.


Bis ich die noch fehlende 13 gothische Manuscripte Bände durchgesehen habe, wird
Dero Auszug, davon ietzt die ersten Bogen kommen, auch fertig seyn. Ehr ist er
so nicht brauchbahr. Zusammen heften werden Ew Hochwohlgebℓ. ihm wohl
dort lassen.


Die Nahmen der würckenden Leuthe habe ich nun deshalb offt angeführt, weil es
manchen Familien angenehm seyn wird, ihre Nahmen dort zu finden.


    Krafft
   
   


Bernstein wartet ängstlich ob die Stelle noch ihm offenstehe


S: GSA 25/W 3595 Bl. 11-12  D: -  B: -  A: - 

K. übersendet die ersten Bogen seines allgemeinen Auszugs zur Geschichte Herzog Bernhards von Sachsen-Weimar unter Verwendung des Diariums (Tagebuch des Adjutanten J. C. von der Grün), des Lebenslaufs Bernhards und der Kollektaneen (Literaturauszüge). Über die Schwierigkeiten, die ihn zur Änderung seines Vorgehens veranlaßten, namentlich bei den vorgefundenen Datierungen nach altem oder neuem Stil und bei den unsicher bleibenden Ortsnamen. Beides müßte zuletzt noch eine Berichtigung erhalten. Die Arbeit werde jetzt erst aus dem Gröbsten gemacht. Es gebe noch genug zu schreiben und zusammenzusetzen, wie ja auch das Manuscript zur ersten Ausgabe der Beschreibung von Berlin (C. F. Nicolai "Beschreibung der Residenzstädte Berlin und Potsdam", Berlin 1769), das er offt in Händen bei Nicolai gehabt habe, wohl 12 mahl anders abgeschrieben wurde, ehe es druckfähig war. - In den Briefen aus Gotha fänden sich viele aufschlußreiche Sachen; diese müßten alle erst unter ihr gehöriges Jahr gebracht werden. - Hinsichtlich der Kürze oder Weitläufigkeit habe er den Mittelweg einzuhalten gestrebt. Es stehe G. frei, noch hinzuzusetzen oder zu kürzen. Militair Personen wird eine nicht zu eng eingeschränkte Erzählung immer lieb seyn. - Bezüglich der französischen Negotiationen seien noch weitere Auszüge aus französischen Schriftstellern erforderlich. - Sein Gesundheitszustand nötige ihn zum zeitweiligen Aussetzen. Da seine Brust letzthin durch den Fall etwas gelitten habe, verursache ihm das tagelange gekrümmte Sitzen beim Schreiben an einem Tisch starke Schmerzen. Die Anfertigung eines Stehpultes lohne sich nicht, da er doch nicht ewig hier bleiben werde. - Über die bevorstehende Durchsicht der noch fehlenden 13 gothaischen Manuscripte bände. - Die Namen der handelnden Personen habe er deshalb häufig angeführt, weil manche Familien ihre Namen dort gern finden möchten. - J. G. Bernstein warte ängstlich, ob die Stelle noch ihm offenstehe.

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   Zu Bernhards Geschichte

 Hier kommen die ersten Bogen (es möchten 12 bis 14 werden), des allgemeinen Auszugs, aus dem Diario, Lebenslauf, Collectaneis, Ich hatte vorher, mühsam aus allen, einzelne Auszüge gemacht, und dachte es mir so zu erleichtern. Nun ich zur Sache schreite, sehe ich, daß ich eine vergebene Arbeit gethan habe. Da die Wiedersprüche hier und da auffallend sind, die Data nicht stimmen, oft hie und da Sachen eingeschoben werden müssen, die in einen stehen, in andern übergangen sind dabey offt die data fehlen pp muß ich die gemachten Auszüge wieder wegwerfen, und nun Zeile für Zeile die Bücher wieder selber vornehmen und gegen einander halten, um ein gantzes daraus zu machen.

 Die Verschiedenheit der Data, beruht wohl meistens, auf den alten und neuen Styl. Schlim ist es, daß dieses nicht immer, sondern nur bisweilen, dabey steht, man also nicht weiß, welchen Datum man wehlen solle Da man aus den bisweilen angeführten sieht, es sind beyderley Arth gebraucht. Noch ist eins unangenehm. Die Nahmen der Städte sind so undeutlich, daß man nicht weiß, was es für welche seyn sollen, und wer kan alle Flecken im Kopff haben? da so viele französche und deutsche vorkommen Doch, ich dencke, man macht nur erst die Arbeit aus den Gröbsten. Es wird noch genug zu schreiben, und zusammen zu setzen geben, bis Ew Hochwohlgebohℓ.| 2 | es brauchen können und alles für sich haben. Das Manuscript zur ersten Ausgabe der Beschreibung von Berlin, das ich offt in Händen bey Nicolai gehabt habe, wurde wohl 12 mahl anders abgeschrieben, ehe es druckfähig war

 Ganz auf die Letzt können die data und orter berichtigt werden.

 In denen gothischen Briefen, finden sich viele Sachen, die zur Aufklärung, Verbeßerung, Erläuterung der Geschichte dienen, diese müssen alle erst unter ihr gehöriges Jahr gebracht werden.

 Ich habe die Mittelstrasse, in der Kürze und Weitläuftigkeit, gewählt. Wolte man zu weitläuftig seyn, müßte man das gantze Diarium drucken lassen, wolte man zu kurtz seyn, so wäre der Gebrauch des Diarii unnütz, weil man das andere Alles schon in den gedruckten Büchern findet. Doch können Dieselben allezeit noch zu setzen, und abkürtzen, wie Sie wollen. Militair Personen wird eine nicht zu eng eingeschränckte Erzählung immer lieb seyn.

 Wegen der französchen Negotiationen müßten wohl aus denen französchen Schrifftstellern noch Auszüge gemacht werden. Die in denen Collectaneis sind gar zu mager gerathen, und manche Bücher gar noch nicht excerpirt, das doch Haupt Bücher sind. Es wird sich weisen was sich davon künftig noch in denen gothischen Briefen vorfindet.

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 Ich muß manchmahl einen Tag aussetzen, und das war es, was ich letzthin wegen meiner Gesundheit sagte. Da ich an einen Tisch schreibe, sitze ich gekrümt, meine Brust hat letzhin durch den Fall etwas gelitten. Wenn ich dann etliche Tage, gekrümt gesessen und geschrieben habe, muß ich mich ausruhen, weil ich starcke Schmertzen fühle. Hätte ich, wie sonst ein Pulpet, stehend dran schreiben zu können, fiel dies weg. Es machen zu lassen, ist zu theuer, und da ich doch nicht ewig hier bleiben werde, unnütz.

 Bis ich die noch fehlende 13 gothische Manuscripte Bände durchgesehen habe, wird Dero Auszug, davon ietzt die ersten Bogen kommen, auch fertig seyn. Ehr ist er so nicht brauchbahr. Zusammen heften werden Ew Hochwohlgebℓ. ihm wohl dort lassen.

 Die Nahmen der würckenden Leuthe habe ich nun deshalb offt angeführt, weil es manchen Familien angenehm seyn wird, ihre Nahmen dort zu finden.

  Krafft    

Bernstein wartet ängstlich ob die Stelle noch ihm offenstehe

 

 
 

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Online-Edition:
RA 1, Nr. 128, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0128_00141.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 128.

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