Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 114
Von Katharina Elisabeth Goethe

23. März 1780, Frankfurt am Main

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Lieber Sohn! Diesen Augen-
blick bringt mir Herr Paulsen
zwey Briefe, die mich so
in einen Freuden und Jubelthon
gestimtt haben, daß es gar
nicht ausgesprochen werden kan.
Unser Bester Fürst! hat mich
mit einem gantz herrlichen schrei-
ben begnadig, und unsere Theureste
Fürstin Amalia that des gleichen.
O thue mir die einzige liebe
und dancke unterthänigst auch
vor diese der Frau Aja gemachte
Freude. Wenn es aber auch | 2 |
kein Weimar und keine solche
herrliche Menschen drinne gäbe –
ferner keinen Häschelhanß –
So würde ich Catholisch und machts
wie Mahler Müller. Da uns
aber Gott so begnadig hat, so
freuen wir uns auch dieses
Erdeleben │:nach unserer Fason
und wie wirs eben haben können:│
sehen den 3ten Feyertag den
Julius von Tarendt u.s.w.
In deinem garten muß es jetzt
wieder schön seyn, wiewohl heut
bey uns noch garstig kalt wetter | 3 |
im Schwang geht. Der Vater
und alle Auserwählte grüßen
dich – Der Postwagen will fort,
lebe wohl! Ich bin ewig
deine treue Mutter


Aja.


N.S. Viele hertzliche grüße an
Wieland – Seinen Oberon er-
warte ich und mehr gute Seelen
mit Schmertzen.

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Mein päcklein war schon zu ge-
sichelt, als der Briefträger
mir den so lang gewünschten
Oberon, nebst einem guten Briefe-
lein von meinem lieben gevatter
und Sohn Wieland überbrachte –
Blisch, Blasch alles würde wie-
der aufgerißen, um Ihm
durch dich einstweilen meinen
hertzlichen Danck davor abzu-
statten. Wenn ichs gelesen
will ichs selbst thun.


Das soll mir morgen einen
Festtag geben. Adio.


S: LATh - HStA Weimar  D: Elternhaus 470f.  B: -  A: -  V: Abschrift 

Große Freude über zwei durch J. J. H. Paulssen überbrachte Briefe von Herzog Karl August und Herzogin Anna Amalia. G. möge ihren Dank dafür übermitteln. - Sie werde den 3ten Feyertag das Schauspiel "Julius von Tarent" von J. A. Leisewitz sehen. - Grüße an Wieland: Seinen Oberon erwarte ich und mehr gute Seelen mit Schmertzen.

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 Lieber Sohn! Diesen Augenblick bringt mir Herr Paulsen zwey Briefe, die mich so in einen Freuden und Jubelthon gestimtt haben, daß es gar nicht ausgesprochen werden kan. Unser Bester Fürst! hat mich mit einem gantz herrlichen schreiben begnadig, und unsere Theureste Fürstin Amalia that des gleichen. O thue mir die einzige liebe und dancke unterthänigst auch vor diese der Frau Aja gemachte Freude. Wenn es aber auch| 2 | kein Weimar und keine solche herrliche Menschen drinne gäbe – ferner keinen Häschelhanß – So würde ich Catholisch und machts wie Mahler Müller. Da uns aber Gott so begnadig hat, so freuen wir uns auch dieses Erdeleben │:nach unserer Fason und wie wirs eben haben können:│ sehen den 3ten Feyertag den Julius von Tarendt u.s.w. In deinem garten muß es jetzt wieder schön seyn, wiewohl heut bey uns noch garstig kalt wetter| 3 | im Schwang geht. Der Vater und alle Auserwählte grüßen dich – Der Postwagen will fort, lebe wohl! Ich bin ewig deine treue Mutter

Aja.

 N.S. Viele hertzliche grüße an Wieland – Seinen Oberon erwarte ich und mehr gute Seelen mit Schmertzen.

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 Mein päcklein war schon zu gesichelt, als der Briefträger mir den so lang gewünschten Oberon, nebst einem guten Briefelein von meinem lieben gevatter und Sohn Wieland überbrachte – Blisch, Blasch alles würde wieder aufgerißen, um Ihm durch dich einstweilen meinen hertzlichen Danck davor abzustatten. Wenn ichs gelesen will ichs selbst thun.

 Das soll mir morgen einen Festtag geben. Adio.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 114, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0114_00127.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 114.

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