Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 108a+
Von Johann Kaspar Lavater an ? Goethe

18. Februar 1780, Zürich

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   Lieber


In der Seele wehe that's mir, daß Füßli
so ganz impertinent teüfelt. Ich will ihm ein
Bad überthun. So macht er mir's auch mit
den Vignetten zur Apokalypse. Er ist ein
Satan, daß er auf deinen und meinen Brief
so schrieben kann. Er harre! – Einmal
in meinem Leben will ich mich rächen. Der
Schurke! für deine Treüe und Mühe mit mir
und meinen Sachen dank ich dir herzlich.


Ich bin immer noch mit dem Aufziehen und
rangieren meiner Zeichnungen beschäftigt.
nun, solltest du's sehen.


Kein wort von der Französischen Physiogn
omik, mein Lieber möcht ich ankündigen
Bis man sie in 4 oder 6 Wochen haben
kann Sage also noch niemand nichts. | 2 |
Mein heftiger Husten hat mich, Gott lob, Sans
adieu, verlaßen.


Mit der nächsten Mißion send ich die Sam
lung und andere Elendigkeiten dieser und
anderer Art.


   Lotte bestell ich heüt unfehlbar.


Ich wünsche sehr, ehe die Apokalypse ge
drukt wird, und sie wird ehestens unter
die Preßen komen, genau zu wißen
was die beßten reinsten gefühle beleidigt
wie gefielle dir der Titel.


   die Zukunft der Herren?


nun adieu dießmal. Ich erliege fast unter
der menge der Ehegerichtlichen und anderen
Geschäfte – genieße gar fast nie meine
beßten Freünde – und dan bin ich nicht
glüklich ­.

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Füßliens halber sey furchtlos. Ich will ihn
erst weich machen. und dan ihm den Text
leßen. Grüß so herzlich wie möglich was
mich liebt


   
   L.


Noch die Hauptsache hätt ich schier vergeßen.
Steiner ist von uns entwichen – wir ver
muthen auf Weimar. weise Ihn zurecht
und gieb ihm auf meine Rechnung im nammen
seines Vaters 2 N'Louysdors. Braucht
er mehr in meinem Nammen auch 2. adieu.


S: Zentralbibliothek Zürich (Abschrift)  D: Hirzel, in: Neue Schweizer Rundschau 1 (1933) 496f.  B: 1779 November Ende [richtig: Dezember zwischen 3 und 5] (WA IV 4, Nr. 870); 1780 Februar 7 (WA IV 4, Nr. 887); an J. H. Füßli [? 1779 Dezember] (vgl. RA 1, Nr. 108a+)  A: 1780 März 6 (WA IV 4, Nr. 907) 

Enttäuschung über J. H. Füßlis schnöde Reaktion auf G.s und L.s Brief (mit der Bitte um Entwurfszeichnungen für ein Herzog Karl August gewidmetes Monument im Weimarer Park). So macht er (Füßli) mir's auch mit den Vignetten zur Apokalypse (L.s "Jesus Messias oder die Zukunft des Herrn"). - Dank für G.s Treue und Mühe mit L.s Sachen (Zusammenstellung von Werken Dürers, Schongauers und L. van Leydens für L.). L. sei mit seinen Zeichnungen zur "Physiognomik" beschäftigt. Von der französischen Physiognomik ("Fragments physiognomiques", Den Haag 1781-1786) solle vor ihrem Erscheinen nichts bekannt werden. L. kündigt eine Sammlung und andere Elendigkeiten an. Lotte bestell ich heut unfehlbar (? Abdruck des Schattenrisses ? C. von Steins für die "Physiognomik"). - Zu "Jesus Messias": Frage, was darin die besten reinsten Gefühle beleidigt, und ob G. der Titel die Zukunft der Herren gefalle. - Klage über die Last der ehegerichtlichen und anderen Geschäfte. - J. Steiner d. J. sei fort, wahrscheinlich nach Weimar. G. möge ihn zurechtweisen und ihm im Namen seines Vaters (J. Steiner d. Ä.) 2N' Louisdors geben.

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 Lieber

 In der Seele wehe that's mir, daß Füßli so ganz impertinent teüfelt. Ich will ihm ein Bad überthun. So macht er mir's auch mit den Vignetten zur Apokalypse. Er ist ein Satan, daß er auf deinen und meinen Brief so schrieben kann. Er harre! – Einmal in meinem Leben will ich mich rächen. Der Schurke! für deine Treüe und Mühe mit mir und meinen Sachen dank ich dir herzlich.

 Ich bin immer noch mit dem Aufziehen und rangieren meiner Zeichnungen beschäftigt. nun, solltest du's sehen.

 Kein wort von der Französischen Physiogn omik, mein Lieber möcht ich ankündigen Bis man sie in 4 oder 6 Wochen haben kann Sage also noch niemand nichts.| 2 | Mein heftiger Husten hat mich, Gott lob, Sans adieu, verlaßen.

 Mit der nächsten Mißion send ich die Sam lung und andere Elendigkeiten dieser und anderer Art.

  Lotte bestell ich heüt unfehlbar.

 Ich wünsche sehr, ehe die Apokalypse ge drukt wird, und sie wird ehestens unter die Preßen komen, genau zu wißen was die beßten reinsten gefühle beleidigt wie gefielle dir der Titel.

  die Zukunft der Herren?

 nun adieu dießmal. Ich erliege fast unter der menge der Ehegerichtlichen und anderen Geschäfte – genieße gar fast nie meine beßten Freünde – und dan bin ich nicht glüklich ­.

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 Füßliens halber sey furchtlos. Ich will ihn erst weich machen. und dan ihm den Text leßen. Grüß so herzlich wie möglich was mich liebt

    L.

 Noch die Hauptsache hätt ich schier vergeßen. Steiner ist von uns entwichen – wir ver muthen auf Weimar. weise Ihn zurecht und gieb ihm auf meine Rechnung im nammen seines Vaters 2 N'Louysdors. Braucht er mehr in meinem Nammen auch 2. adieu.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 108a+, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0108_00121.

Druck des Regests in: Ergbd. 1-5, 543.

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