Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 51
Von Johann Kaspar Lavater

29. Juli 1775, Zürich

| 1 |


Bin gutes
Muthes, Goethe, daß du zu Hause wieder
bist, gut bist, lieb bist – mein bist – Zim-
mermanns bist.


            =


Freytags Abends 8. Uhr, 28. Julius! Da
ein Herrlicher Bube, mit vieler Prä-
tension! u: die Mutter wohl. Wartet
nun, bis Frau Doktorin ihm einen Ge-
fehrten zur Taufe geboren hat; Und deß
wartet die Hebamme auch, mit der ich
mich nun sogleich zu Tisch setze.


Täglich schaff' ich was physiognomisches.
Über die Löw – sagt' ich – "Engels Verstand
u: Königinn Klugheit u: Adel einer festℓ
Seele" – oder so was.


Zimmermann! O wie ich mit dem von dir | 2 |
mich erweiterte – Sahe Steinbrüchels Mönch-
heit, Hottingers Foppheit – u: lachte, wie's
sich gebührt.


Der Haimons Kinder waren 4. Lindau
mit, aber – sie sangen ihn weg, durch Fran-
zosen Tadel! Ist doch immer im Taumel
der Raserey!


Zimmermann blieb, kranken Hallers we-
gen, nur 1 1/2 Tage. Ist doch ein antiker
Helden Kopf! Hast seine Apoll Nase, sei-
ne Felsenstirn, sein Götter Kinn bemerkt.
Der Frau Aya sag', was du willst, von
mir, u: meinem Weibchen.


Zimmermann ist mein Gevatter u: Haupt-
mann Schultheß. Heißt David mein
Bübchen.


An die Prinzeßinn Louise schrieb' ich ge-
stern diese Zeilen. Ich laße sie ablaufen;
sind Wahrheit. Laßt uns unsere Liebe
zusammentragen.

| 3 |


Pfenninger beßert. Hamann blieb zurück.
Ist dein u: du bist mein. Adieü. Deiner
Lilly auch ein Wort von meiner Liebe
zu dir.


   


S: Zentralbibliothek Zürich  D: GL Nr. 33  B: 1775 August (!) (WA IV 2, Nr. 347); 1775 Juli Mitte (vgl. RA 1, Nr. 51)  A: 1775 August 3 bis 4 (WA IV 2, Nr. 344)  V: Abschrift 

Freude über G.s gute Heimkehr und dessen Begegnung mit J. G. Zimmermann. L. zeigt die Geburt seines Sohnes David an; Paten seien Zimmermann und D. Schultheß. - Täglich schaff' ich was physiognomisches. Zur Silhouette S. von Löws. - Der Haimons Kinder waren 4(gemeint: die Grafen zu Stolberg, Graf Haugwitz und H. J. von Lindau). Lindau mit [...]! Mit Zimmermann, der des kranken A. von Haller wegen bald abgereist sei, habe L. über J. J. Steinbrüchels Mönchheit und J. J. Hottingers Foppheit (? "Menschen, Tiere und Goethe, eine Farce"; vgl. RA 1, Nr. 54) gelacht. - Erwähnung J. K. Pfenningers und J. G. Hamanns. Gruß an Lili Schönemann und G.s Mutter. - Übersendung von L.s Gedicht an Prinzessin Luise von Hessen-Darmstadt ("An Louise", erschienen unter dem Titel "An Theona").

| 1 |

  Bin gutes Muthes, Goethe, daß du zu Hause wieder bist, gut bist, lieb bist – mein bist – Zimmermanns bist.

     =

 Freytags Abends 8. Uhr, 28. Julius! Da ein Herrlicher Bube, mit vieler Prätension! u: die Mutter wohl. Wartet nun, bis Frau Doktorin ihm einen Gefehrten zur Taufe geboren hat; Und deß wartet die Hebamme auch, mit der ich mich nun sogleich zu Tisch setze.

 Täglich schaff' ich was physiognomisches. Über die Löw – sagt' ich – "Engels Verstand u: Königinn Klugheit u: Adel einer festℓ Seele" – oder so was.

 Zimmermann! O wie ich mit dem von dir| 2 | mich erweiterte – Sahe Steinbrüchels Mönchheit, Hottingers Foppheit – u: lachte, wie's sich gebührt.

 Der Haimons Kinder waren 4. Lindau mit, aber – sie sangen ihn weg, durch Franzosen Tadel! Ist doch immer im Taumel der Raserey!

 Zimmermann blieb, kranken Hallers wegen, nur 1 1/2 Tage. Ist doch ein antiker Helden Kopf! Hast seine Apoll Nase, seine Felsenstirn, sein Götter Kinn bemerkt. Der Frau Aya sag', was du willst, von mir, u: meinem Weibchen.

 Zimmermann ist mein Gevatter u: Hauptmann Schultheß. Heißt David mein Bübchen.

 An die Prinzeßinn Louise schrieb' ich gestern diese Zeilen. Ich laße sie ablaufen; sind Wahrheit. Laßt uns unsere Liebe zusammentragen.

| 3 |

 Pfenninger beßert. Hamann blieb zurück. Ist dein u: du bist mein. Adieü. Deiner Lilly auch ein Wort von meiner Liebe zu dir.

 

 

 
 

Nutzungsbedingungen

Kontrollen

Kontrast:
SW-Kontrastbild:
Helligkeit:

Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 51, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0051_00054.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 51.

Zurück zum Seitenanfang