Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 50
Von Gottfried August Bürger

Sommer 1775, Niedeck

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   Weiß Gott, wie ungern ich mich zudränge und wie fatal mir manches HundeGezücht ist, das mir zwischen die Beine laüft und leckt und mit dem Schwanze wedelt. Aber du Freünd bist mir allzu nah verwandt, als daß ich dir nicht überal nachgehn sollte.   O da ich täglich bey dir wäre, mit dir von einem Teller äße, aus einem Becher tränke und auf einer Streü schliefe, denn du bist der Einzige, dem ich all das Zeüg, was ich so denke und empfinde, sagen und mein wahres eigentliches Ich entfalten könnte.    Wie behäglich, von der bekannten AltagsleyerMelodey der um uns plärrenden Christlichen Ge meine unterweilen abbrechen und sein innres Seelenstückchen an stimmen zu können! So gut aber wirds mir selten oder gar nicht. Wollen wir nicht bisweilen an einander schreiben?


   Mein Herz verlangt sehr darnach von dir bald wieder heimgesucht zu werden.   Meine Meduse ist jetzt hinterm Wilden Jäger her und hört im dunkeln grauenvollen Forst sein Halloh! seines Horns Klang seiner Peitsche Knallen und das Gekläffe seiner losgekoppelten Hunde.

   

GAB.


S: -  D: BrBü Nr. 173  B: 1775 Februar 17 (WA IV 2, Nr. 294)  A: 1775 Oktober 18 (WA IV 2, Nr. 362)  V: Druck 

B. über G.: [...] du bist der Einzige, dem ich all das Zeug, was ich so denke und empfinde, sagen und mein eigentliches Ich entfalten könnte. - Für B. sei es behaglich, von der bekannten AltagsleyerMelodey der um uns plärrenden Christlichen Gemeine unterweilen abbrechen zu können. Er befasse sich derzeitig mit dem Wilden Jäger (B.s Ballade "Der wilde Jäger").

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  Weiß Gott, wie ungern ich mich zudränge und wie fatal mir manches HundeGezücht ist, das mir zwischen die Beine laüft und leckt und mit dem Schwanze wedelt. Aber du Freünd bist mir allzu nah verwandt, als daß ich dir nicht überal nachgehn sollte. O da ich täglich bey dir wäre, mit dir von einem Teller äße, aus einem Becher tränke und auf einer Streü schliefe, denn du bist der Einzige, dem ich all das Zeüg, was ich so denke und empfinde, sagen und mein wahres eigentliches Ich entfalten könnte.  Wie behäglich, von der bekannten AltagsleyerMelodey der um uns plärrenden Christlichen Ge meine unterweilen abbrechen und sein innres Seelenstückchen an stimmen zu können! So gut aber wirds mir selten oder gar nicht. Wollen wir nicht bisweilen an einander schreiben?

  Mein Herz verlangt sehr darnach von dir bald wieder heimgesucht zu werden. Meine Meduse ist jetzt hinterm Wilden Jäger her und hört im dunkeln grauenvollen Forst sein Halloh! seines Horns Klang seiner Peitsche Knallen und das Gekläffe seiner losgekoppelten Hunde.

   

GAB.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 50, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0050_00053.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 50.

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