Goethes Briefe: GB 2, Nr. 69
An Johanna Fahlmer

〈Frankfurt a. M. , 17. November 1773. Mittwoch〉 → 〈Düsseldorf〉


Liebe Tante.

Dass meine Agentcie so langsam geht ist das Hurry burry schuld das​​1 seit acht Tagen um mich summt. Ehvorgestern​​2 ist die Schwester Adieu. und ich binn Hahn im Korb. Der Esel hat keine zwey Stücke mehr von ​dem Franzlein und von allem was halbweg hübsch ist wirdt​​3 das zweyte​​4 Stück schon angeschnitten seyn. Ich hab darum die Muster nicht mit schicken wollen. Vom Töpfer nächstens. Ich binn in aller Verworrenheit der Ihrige

G.

  1. schuld dass​s​ ↑
  2. Ehg​vorgestern​ ↑
  3. wirddt​ ↑
  4. g​zweyte​ ↑

Ehvorgestern (53,16) sei seine Schwester Cornelia abgereist, schreibt Goethe, also vor drei Tagen. Da Cornelia am 14. November 1773 mit ihrem Ehemann nach Karlsruhe aufbrach (vgl. 53,10), stammt der vorliegende Brief vom 17. November 1773.

H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 11,6 × 19 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte, flüchtig geschrieben; Rs. Adresse: Der Tante; Rs. oben links von Johanna Fahlmers Hd, Tinte: „N ​r​o 4“ (vgl. die erste Erläuterung zu 46,5). – Beischluss zu Nr 68 (vgl. Adresse).

E: Goethe-Fahlmer (1875), 36, Nr 5.

WA IV 2 (1887), 123, Nr 184 (nach E).

Der Brief beantwortet möglicherweise einen nicht überlieferten Brief Johanna Fahlmers, in dem es u. a. um die Stoffproben ging, die Goethe mit Nr 64 überschickt hatte (vgl. 51,4). – Ein Antwortbrief ist nicht bekannt.

Agentcie] Wohl engl. agency: „Vermittlung, Besorgung“ (GWb 1, 286).

Hurry burry] Hier wohl im Sinn des Ausdrucks „hurlyburly“ in Shakespeares „Macbeth“ (I 3), ebenso lautmalerisch wie seine deutsche Entsprechung: ‚Wirrwarr‘. Dazu passt, dass der Brief flüchtig niedergeschrieben ist, wohl in Erregung über den Abschied von der Schwester. – Engl. hurry: Eile, engl. hurry-scurry: wilde Hast; im Hessischen findet sich „hurri-purri“: „übereilt, hastig; ungewissenhaft, flüchtig, liederlich“ (Südhessisches Wörterbuch 3, 846). Vgl. ähnliche Ausdrücke in Nr 31, 123 und 149 (26,6; 100,34; 131,18) sowie in dem im Frühjahr 1773 entstandenen „Fastnachtsspiel 〈…〉 vom Pater Brey“ (Vers 245; DjG​3 3, 171).

Ehvorgestern ist die Schwester Adieu.] Cornelia Goethe hatte am 1. November Johann Georg Schlosser geheiratet und war am 14. November mit diesem nach Karlsruhe gezogen. – ‚Adieu‘ hier im Sinne von „fort, ab“ (GWb 1, 267).

Der Esel] Vermutlich der Tuchhändler oder Kaufmann, bei dem Goethe im Auftrag Johanna Fahlmers nach einem Stoff suchte; vgl. schon 51,4–7.

​Franzlein] Französische Leinwand.

Töpfer] Oper von Johann André; vgl. zu 51,8–10.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 69 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR069_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 53, Nr 69 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 145–145, Nr 69 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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