Goethes Briefe: GB 2, Nr. 158
An Johanna Fahlmer

〈Frankfurt a. M. , 15. November 1774. Dienstag〉 → 〈Frankfurt a. M.〉


Gestern Täntgen war ich auf dem Eise das nun unaufhaltsam dahinfliest, von 1 Uhr bis 6. habe Bahn gemacht und gekehrt mit den Meinigen. Ich bin immer noch in aller Zeichnung verfangen, und habe auserdem eine Menge nichtsbedeutenden Zeugs auf mir. Die ​1 Tage sind kurz und die Kunst lang. hierbey gehet ein Portefeuille mit allerley Arbeit, dass ich doch auf eine Art zu Ihnen Komm. Behalten Sies einige Tage dann mir wieder zurück. Ade. Fritzen inliegendes.

  1. T​Die​ ↑

Goethe war am 14. November auf dem Eise (136,1), wie auch aus Nr 157 hervorgeht (vgl. 135,1). Der vorliegende Brief stammt vom Tag darauf, dem 15. November 1774.

H: Privatbesitz, Deutschland. – 1 Bl. 20,5(–20,8) × 17,5 cm, 1 S. beschr., egh., Tinte; Rs. Adresse: ​Msll Fahlmer; Vs. unten in der Mitte Siegelrest (oder Rest einer Oblate), oben in der Mitte Papierverlust durch Öffnen des Siegels (oder der Oblate).

E: Goethe-Fahlmer (1875), 61 f., Nr 15.

WA IV 2 (1887), 204, Nr 260 (nach E).

1) Ein Portefeuille unbekannten Inhalts, vielleicht Zeichnungen (vgl. zu 136,5).

2) Eine Sendung an Friedrich Heinrich Jacobi, vielleicht das „Neueröfnete moralisch-politische Puppenspiel“ (vgl. zu 136,7).

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

Gestern] 14. November (vgl. Datierung).

auf dem Eise] Vgl. den teilweise gleich lautenden Bericht in Goethes Brief an Johann Lorenz Böckmann vom 14. und 15. November (Nr 157; 135,1–3).

Bahn gemacht und gekehrt] Vgl. die erste Erläuterung zu 135,3.

in aller Zeichnung verfangen] Von zeichnerischer Tätigkeit hatte Goethe auch in Nr 156 berichtet (vgl. zu 134,24–25).

eine Menge nichtsbedeutenden Zeugs] Gemeint sein könnten juristische Arbeiten im Zusammenhang mit Goethes Rechtsanwaltspraxis.

Die Tage sind kurz und die Kunst lang.] Anspielung auf Senecas Wort „Ars longa, vita brevis“ (Die Kunst ist lang, das Leben kurz), Motto seiner Schrift „De brevitate vitae“ (Über die Kürze des Lebens), nach einem Aphorismus des Hippokrates: „Ὁ βίος βραχύς, ἡ δε τέχνη μακρή 〈…〉.“ (Das Leben ist kurz, die Wissenschaft lang.) Die Aphorismen des Hippokrates waren in der Bibliothek von Goethes Vater vorhanden (vgl. Götting, 43); Goethe übernahm sie in seine Bibliothek (vgl. Ruppert, 176, Nr 1275).

Portefeuille] Franz.: Brieftasche. – Sie dürfte Zeichnungen enthalten haben; Genaueres ist nicht bekannt.

Fritzen inliegendes.] Was Goethe an Friedrich Heinrich Jacobi schickte, ist nicht bekannt; vielleicht war es ein Exemplar des „Neueröfneten moralisch-politischen Puppenspiels“, da Jacobi am 6. November geschrieben hatte, er habe bisher vergeblich auf das Buch gewartet (vgl. JB I 1, 268).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 158 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR158_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 136, Nr 158 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 341–342, Nr 158 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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