Goethes Briefe: GB 2, Nr. 133
An Sophie La Roche

〈Ems , 31. Juli 1774. Sonntag〉 → 〈Ehrenbreitstein bei Koblenz〉

〈Abschrift〉


Dienstag werden wir kommen bey Ihnen zu Mittage essen, um mit wahrer Freude zusammen zu seyn, so viel die Welt giebt. Mein Sinn hat sich noch nicht ganz erholt, wo vier Knaben gestern nacht ertranken und keiner gerettet wurde. Nur in solgen Augenblicken fühlt der Mensch wie wenig er ist. Und mit heisen Armen und Schweis und thränen nichts würkt.

Adieu Mama schicken Sie mir doch einige flaschen Weins oder vielmehr ich will sie mitnehmen wenn ich komme, hier vergiften sie mich mit Getrank.  G.

Der von Goethe erwähnte Unglücksfall ereignete sich am 30. Juli 1774 (vgl. zu 110,21–22). Der vorliegende Brief wurde am Tag danach geschrieben (vgl. 110,21).

H: Verbleib unbekannt.

h​1: The Pierpont Morgan Library, New York, Misc. Heineman, H Goethe-Bettina, MSS 1. – Abschrift von Bettine Brentano vom 2. oder 3. Juni 1806 (= h​a; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47).

h​2: The Pierpont Morgan Library, New York, Misc. Heineman, H Goethe-Bettina, MSS 1. – Abschrift von Bettine Brentano (= h​b; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47).

h​3: FDH/FGM Frankfurt a. M., Sign.: 10721–10732. – Abschrift von Johann Friedrich (Fritz) Schlosser (= h​c; vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47).

h​4: GSA Weimar, Sign.: 29/294,III. – Abschrift von fremder Hd (= h​d; in der Überlieferung zu Nr 47).

E: Frese (1877), 152, Nr 19 (nach h​3).

WA IV 2 (1887), 181, Nr 237 (nach Goethe-La Roche, 58 [dort vermutlich nach einer nicht überlieferten Abschrift von h​3]).

Textgrundlage: h​1. – Vgl. Vorbemerkung in der Überlieferung zu Nr 47.

Mittage] Mittag ​h​2 giebt.] giebt, ​h​2 Und] und ​h​2      Schweis] Schweiß ​h​2 thränen] Thränen ​h​2 würkt.] ​kein Absatz h​2 schicken] schiken ​h​2 flaschen] Flaschen ​h​2      Weins] Weins, ​h​2 Getrank.] Getränk. ​Absatz h​2 G.] G: ​Unterschrift rechts unter dem Text h​2

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

Dienstag] 2. August 1774.

wir] Goethe und Basedow, vielleicht auch dessen Reisebegleiter Friedrich August Benzler; Lavater hingegen war am 1./2. August bereits auf der Rückreise in die Schweiz (vgl. Goethe-Lavater​3, 318 f.). Goethe blieb mit Basedow noch bis zum 13. August in Ems.

vier Knaben gestern nacht ertranken] Die „Dillenburgischen Intelligenz-Nachrichten“ berichteten am 6. August: „Am 30ten Jul. sind zu Bad-Embs, vier Knaben, welche Krebsen wollten, in der Lahn ertrunken. Nachdem sie drey viertel Stund unterm Wasser gewesen, so wurden sie heraus gezogen, aber, der angewandten Mittel ungeachtet, nicht wieder zu recht gebracht.“ (32. Stück, Sp. 527.) Die Jungen waren zwischen zehn und vierzehn Jahre alt (vgl. Bach, Goethes Reise, 222). Das Ereignis war die stoffliche Grundlage einer Episode in „Wilhelm Meisters Wanderjahre“ (vgl. 2. Buch. 11. Kapitel; WA I 25.1, 48 f.).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 133 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR133_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 110–111, Nr 133 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 291–292, Nr 133 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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