Goethes Briefe: GB 2, Nr. 267
An Johann Heinrich Merck

〈Frankfurt a. M. , 7. Oktober 1775. Samstag〉 → 〈Darmstadt〉


Ich erwarte den Herzog und Louisen, und gehe mit ihnen nach Weimar. Da wirds doch wieder allerley guts und ganzes und halbes geben, das uns Gott geseegne. Leb indess wohl Alter und behelf dich im Leben. Kannst ​1 du mir zehen Carolin schicken so thus mit den nächsten Kärgern. Ich bedarf ihrer und so weiter. Ich hab das Hohelied Salomons übersezt welches ist die herrlichste Sammlung liebes Lieder die Gott erschaffen hat. die La Roche ist in Contrition dass du ihr nicht antwortest. Reit doch noch einmal herüber eh ich gehe. Ich bin leidℓ. Hab am Faust viel geschrieben. Zimmerman Grüsst dich er ist Nachts durch Darmstadt kommen. Grüs Frau und Kinder.

  1. Ke​annst​ ↑

Goethe wartete auf Herzog Carl August und dessen Frau Louise, die nach ihrer Vermählung am 3. Oktober in Karlsruhe auf dem Weg nach Weimar am 12. Oktober in Frankfurt eintrafen. In Goethes „Ausgabebüchlein“ ist unter dem 7. Oktober ein Brief an Merck eingetragen (vgl. AB, 17).

H: Privatbesitz, München. – 1 Bl. 19(–19,2) × 22,6 cm, ⅔ S. beschr., egh., Tinte.

E: Merck, Briefe​2 (1838), 54 f., Nr 22.

WA IV 2 (1887), 299, Nr 359 (nach E; Hinweis auf H in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 213).

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

Postsendungen: 7. Oktober 1775 (AB, 17).

Ich erwarte 〈…〉 nach Weimar.] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach, seit dem 3. September 1775 regierender Herzog, hatte im Dezember 1774 auf seiner Reise nach Paris Goethe in Frankfurt kennen gelernt. Auf dem Weg nach Karlsruhe, wo am 3. Oktober 1775 seine Hochzeit mit Louise Auguste Prinzessin von Hessen-Darmstadt stattfand, lud er Goethe am 22. September in Frankfurt zu einem Besuch nach Weimar ein. Am 12. Oktober wiederholte der Herzog die Einladung. Als sich jedoch der mit der Abholung des Gastes beauftragte weimarische Kammerherr Johann August von Kalb verspätete, brach Goethe Ende Oktober zu einer Reise nach Italien auf. Am 3. November wurde er in Heidelberg von Boten eingeholt und ging gegen den Rat des Vaters nach Weimar, wo er am 7. November eintraf.

Kärgern] „Fuhrleute“ (Frankfurter Wörterbuch 3, 1395).

Hohelied Salomons übersezt] Goethe arbeitete seit dem Sommer an der zu seinen Lebzeiten unveröffentlicht gebliebenen Übersetzung (DjG​3 5, 360–365); vgl. die dritte Erläuterung zu 206,26.

herrlichste Sammlung liebes Lieder] Das fälschlich König Salomon zugeschriebene Hohelied im Alten Testament besingt in einer Folge von Gedichten, vielleicht altorientalischen Kultliedern, die Liebe zwischen Mann und Frau. Wie Herder, dessen Übersetzung der „Lieder der Liebe“ 1778 erschien, betrachtete Goethe das Hohelied als eine Sammlung profaner Liebeslieder. Im Gegensatz dazu standen allegorische Deutungen: Darstellung der Liebe Gottes zu seinem Volk, der Verbindung Christi mit der Kirche oder der mystischen Einheit der Seele mit Gott.

die La Roche] Sophie La Roche.

Contrition] Lat. contritio: Zerknirschung, Reue. – Näheres nicht ermittelt.

Hab am Faust viel geschrieben.] Welche Szenen entstanden, ist nicht bekannt. Es ist überhaupt ungewiss, was die Arbeit an der frühen Fassung des „Faust“ in den Jahren 1773–1775 im Einzelnen hervorbrachte.

Zimmermann] Der aus dem schweizerischen Aargau stammende Mediziner und Schriftsteller Johann Georg Zimmermann, seit 1768 königlich britischer Leibarzt in Hannover, hatte sich auf dem Rückweg von einer Reise in seine Heimat Ende September einige Tage im Hause Goethes aufgehalten. Am 27. September war er abgereist (vgl. 218,1).

Frau und Kinder] Vgl. zu 169,7–8.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 267 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR267_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 221, Nr 267 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 555–556, Nr 267 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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