BuG:BuG I, A 813
Irrtümliches und Zweifelhaftes 11. 8. 1773

Cornelia Goethe an Sophie v. La Roche 12. 8. 1773 (GJb 28, 3)

11. 8. 1773

Der gestrige Abend ist einer von den schönsten meines Lebens gewesen, und wer glauben Sie wohl der ihn so schön gemacht hat – niemand anders als unser lieber Dümeix der uns in seinem Garten ein vortreffliches Fest gab – Sie kennen den Garten meine theure Freundinn – stellen Sie sich die duncklen, stillen, einsamen Gänge illuminirt vor – die herrlichste Nacht von der Welt – Musick – ein mit erquickender Speise und Tranck beladner Tisch – ich glaubte in einem bezauberten Schloß zu seyn ... Wenn ich fähig wäre mich auszudrücken so wollt ich Ihnen die romantischen Scenen alle beschreiben – wie die Lichter durch die Traubenblätter versteckt waren, und man keines sah, und doch den Schein von allen – wie die Obstbäume von oben herein hingen, und durch die Nacht von außen und die Hellung von innen, in ein ganz sonderbares Licht gesezt wurden – wie auf dem Baumstück feyerliche Stille herrschte, und die Musick von weitem die angenehmste Würckung that – aber das kann ich nicht, will ich nicht thun – ich würde Ihre Einbildungskraft mit Bildern beladen die der Sache gar nicht angemessen wären. Nun muß ich Ihnen noch sagen meine theure Mutter was auf mein Herz den meisten Eindruck gemacht hat, und in meinen Augen alles noch unendlich verschönte – das war – daß unser lieber Dechant das ganze Fest selbst zubereitet hatte – und nach seiner angewandten Bemühung auch mit uns genoß, und mit uns sich freute.


„Wahrscheinlich wird Goethe auch dem Feste ... beigewohnt haben“ (Witkowski, GJb 28, 5)

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0813 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0813.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 485 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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