BuG:BuG I, A 478
Frankfurt Jan./Okt. 1775

Dichtung und Wahrheit XVII (WA I 29, 46)

Frankfurt Jan./Okt. 1775

Die frühesten Morgenstunden war ich der Dichtkunst schuldig; der wachsende Tag gehörte den weltlichen Geschäften, die auf eine ganz eigene Art behandelt wurden. Mein Vater, ein gründlicher, ja eleganter Jurist, führte seine Geschäfte selbst ...

Diese seine Thätigkeit war nur lebhafter geworden durch mein Herantreten und ich konnte gar wohl bemerken, daß er mein Talent höher schätzte als meine Praxis und deßwegen alles that, um mir Zeit genug zu meinen poetischen Studien und Arbeiten zu lassen. Gründlich und tüchtig, aber von langsamer Conception und Ausführung, studirte er die Acten als geheimer Referendar, und wenn wir zusammentraten, legte er mir die Sache vor und die Ausfertigung ward von mir mit solcher Leichtigkeit vollbracht, daß es ihm zur höchsten Vaterfreude gedieh, und er auch wohl einmal auszusprechen nicht unterließ: wenn ich ihm fremd wäre, er würde mich beneiden.

Dichtung und Wahrheit I (WA I 26, 45)

Frankfurt Jan./Okt. 1775

[Mein Vater] versicherte mir öfters, früher und später, im Ernst und Scherz, daß er mit meinen Anlagen sich ganz anders würde benommen, und nicht so liederlich damit würde gewirthschaftet haben.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0478 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0478.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 378 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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