BuG:BuG I, A 438
Zürich 26. 6./6. 7. 1775

Lavater an Wieland 8./9. 11. 1775 (SchrGG 16, 342)

B2 107

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Wer kann verschiedner denken, als Goethe und ich; und dennoch lieben wir uns sehr ... Goethe war voll Bonhomie zu Ihnen zukommen. Das weiß ich. Sie werden über den Mann erstaunen, der mit dem Grimm des Tigers, die Gutherzigkeit eines Lämmleins verbindet. Ich habe noch keinen festern und keinen zugleich leitsamern Menschen gesehen. Prometheus? Eh ich wußte, daß Wagner Verfaßer war, sagt ich, sagt’s ihm selbst – „Goethes unwürdig!“ – Liebster Wieland, Sie irren sich gewiß, wenn Sie Goethe für den Verfaßer des Prometheus halten. Das ist so, so wenig Sie die Menschen,Thier und Göthe, die man hier Ihnen zuschreiben wollte, gemacht haben. Beydes bestreit ich mit gleicher Zuversicht. Das erste ist Goethen, das andere Ihnen – unmöglich. – Goethe ist der liebenswürdigste, zutraulichste, herzigste Mensch. Bey Menschen ohne Prätension; der zermalmendste Herkules aller Prätension. Nehmen Sie zum Pfand seines edlen Herzens seine brüderliche Liebe zu mir tausendmal schwächern. Der Wurm darf dem Adler um den Schnabel kriechen. Seine Größe ist wirklich übern Neid erhaben, und der Wurm darf ihm dennoch ins lächelnde Herz flüstern: Deiner Flügel Schlag, und ihren Todeston – laß ruhn! Billiger ist kein Mensch in mündlicher Beurteilung anderer – Toleranter niemand, als Er. Ich hab’ Ihn neben Basedow und Hasenkamp – bey Herrenhutern und Mystikern, bey Weibchens und Männinnen, bey Kleinjoggen und Boßhard (zwey unendlich verschiedene Himmelsprodukte unsers Landes) allenthalben denselben edeln, alles durchschauenden, duldenden Mann gesehen. Aber ja! – wehe dem, der Prätensionen gegen ihn macht – und – der „seine canonischen Bücher“ angreift.

Lavater an J. G. Zimmermann 18. 7. 1775 (Im neuen Reich 1878, 2 S. 606)

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Goethe hab ich in Deinem Namen geküßt. Ich hoffe, daß ers gegen Dich in meinem gethan haben werde.

Lavater an Herder Okt. 1775 (Düntzer3 2, 145)

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Mit Goethe hatt’ ich herrliche Stunden. Nur ist’s mir unerträglich, daß ich ihm so gar nichts bin. Ich muß andern nur immer die Freude lassen zu geben.

Carl August v. Sachsen-Meiningen an seine Schwester Wilhelmine 20. 8. 1775 (Bechstein S. 141)

B2 84

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Lavaters Urtheil über Goethe, Wieland und andere Gelehrte hat mir sehr wohl gefallen. Goethe sagt er, wäre lauter Kraft, Empfindung, Imagination; er handelte danach ohne zu wissen warum und wozu es wäre, wie ein Strom der ihn fortrisse; Goethe wäre aber doch ein Original-Genie.

J. J. Bodmer an Schinz 13. 11. 1775 (GJb 5, 199)

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Hess mußte ihnen [den Stolbergs] sein Exemplar von Wilhelm von Oranse überlassen. Ich hatte es ihm für das erstere gegeben, welches Göthe ihm genommen.

J. J. Bodmer an Schinz 6. 7. 1775 (GJb 5, 195)

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Göthe hat hier keine Freunde, er ist zu hoch und entscheidend.

J. Tobler (Im neuen Reich 1877, 2 S. 103)

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

  Im Sommer 1775.

  Wie wunderbar die Herren Genien sind!  Herr Goethe kam nach Zürich,  Spricht ein bey seinem Lavater,  Findt Buch und Tisch beim Waldreis wohl bestellt,  Geht ’paar mal aus, sieht mit dem Adlerblick,  Der auf den ersten Augenblick  Character, Kopf und Herz aufs Häärgen kennt  Die Zürcher Herren Gelehrten;  Verreisst alsdann und spricht zu sich:  „Ich kenn sie jetzt,  Ey, Ey, die Herren Geßner, Bodmer, Breitinger,  Steinbrüchel, Compagnie,  Das Völkgen Zürcher, ha,  Ist das so ganz was herrliches?  Die kenn’ ich mehr als gnug!“  – Und war verreißt.  „Und ist er wirklich wieder weg?“  So fragten die Gelehrten Herrn in Zürich.  „Was das auch heißt!  Das heiß ich auch gereisst!  Dem war bey uns gar Niemand gut genug,  Auch steht der Uebermuth ihm an der Stirn geschrieben.
  Indeß ists zu errathen,  Warum er hier im Waldreis steken blieb:  Ihn ließ sein herrlicher Lavater nicht.  Der fürchtet, wo jezt ein Fremder uns suchte,  Dem würden, gieng er umher, die Augen geöffnet!“  Ey, ey, getroffen aufs Haar!  Gesehn wie Goethe sah, ohn erst die Augen zu brauchen!

Ph. Chr. Kayser an Dorothea Kayser 1. 7. 1775 (BerFDHNF 7, 444)

Zürich 9./15. 6. 1775 und 26. 6./6. 7. 1775

Triffst Du Göthen einmal allein, so darfst Du ihn kek ansprechen, und ihn fragen, was ich machte? Thu das. Scheu Dich nicht, er ist ein Gott! aber er ist noch ein besserer Mensch.

An S. Boisserée 18. 6. 1819 (WA IV 31, 190)

Zürich 9./15.6.1775 (?) und 26.6./6.7.1775 (?)

Ich erinnere mich bey dieser Gelegenheit eines Vorwurfs den ich von Lavatern in ähnlichem Falle hören mußte, er sagte: „Du thust auch als wenn wir dreyhundert Jahre alt werden wollten.“

Lavater, Reisetagebuch 27. 6. 1783 (ChronWGV 27, 43)

Zürich 9./15.6.1775 (?) und 26.6./6.7.1775 (?)

[Sprachen] von Nicolai, von dem Goethe sagte, er sei ein Unteroffizier, der nie, wie im Preußischen, Oberoffizier werden könne.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0438 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0438.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 355 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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