BuG:BuG I, A 435
Zürich 1./2. 7. 1775

K. F. v. Beyme an Varnhagen 5. 5. 1830 (Varnhagen4 S. 254)

B2 106

Zürich 10./11. 6. 1775 oder 1./2. 7. 1775

Eine Anekdote, die ich dem Minister Grafen Haugwitz verdanke, daß Goethe, vor etwa 50 Jahren als er in des erstem und der beiden Stollberge Gesellschaft, Lavatern den Besuch in Zürich machte, zu einer Predigt, wovon der letztere nur den ersten Theil konzipirt hatte, die beiden fehlenden Theile in dessen Abwesenheit zugeschrieben hat, welche Lavater Tages darauf ohne die mindeste Abänderung von der Kanzel gehalten.

Dichtung und Wahrheit XIX (WA I 29, 138)

Zürich 10./11. 6. 1775 oder 1./2. 7. 1775

Sonntags, nach der Predigt, hatte er als Geistlicher die Verpflichtung, den kurzgestielten Sammetbeutel jedem Heraustretenden vorzuhalten und die milde Gabe segnend zu empfangen. Nun setzte er sich z. B. diesen Sonntag die Aufgabe, keine Person anzusehen, sondern nur auf die Hände zu achten und ihre Gestalt sich auszulegen. Aber nicht allein die Form der Finger, sondern auch die Miene derselben bei’m Niederlassen der Gabe, entging nicht seiner Aufmerksamkeit, und er hatte mir viel davon zu eröffnen. Wie belehrend und aufregend mußten mir solche Unterhaltungen werden, mir, der ich doch auch auf dem Wege war mich zum Menschenmahler zu qualificiren?

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0435 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0435.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 354 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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