BuG:BuG I, A 396
Frankfurt 20. 4. 1775

Dichtung und Wahrheit XVII (WA I 29, 61)

Frankfurt 20. 4. (?) 1775

Seit vielen Jahren hatte sie [Helena Dorothea Delph] das Vertrauen von Lili’s Mutter. In meinem Hause durch mich eingeführt hatte sie sich den Eltern angenehm zu machen gewußt; denn gerade dieses barsche Wesen ist in einer Reichsstadt nicht widerwärtig und, mit Verstand im Hintergrunde, sogar willkommen. Sie kannte sehr wohl unsre Wünsche, unsre Hoffnungen, ihre Lust zu wirken sah darin einen Auftrag; kurz sie unterhandelte mit den Eltern. Wie sie es begonnen, wie sie die Schwierigkeiten, die sich ihr entgegen stellen mochten, beseitigt, genug sie tritt eines Abends zu uns und bringt die Einwilligung. Gebt euch die Hände! rief sie mit ihrem pathetisch gebieterischen Wesen. Ich stand gegen Lili über und reichte meine Hand dar; sie legte die ihre, zwar nicht zaudernd, aber doch langsam hinein. Nach einem tiefen Athemholen fielen wir einander lebhaft bewegt in die Arme.

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0396 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0396.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 329 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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