BuG:BuG I, A 156
Sesenheim Ende Okt./Anf. Nov. 1770

Ph. F. Lucius S. 120

B2 19

Sesenheim Ende Okt./Anf. Nov. 1770

Von einem solchen Besuche [Goethes in Sesenheim] im vorgerückten Spätjahr wußte eine alte, vollkommen zuverlässige Frau hier zu berichten, die in ihren Kinderjahren im Pfarrhaus täglich ein- und ausging. Sie erzählte nämlich – wie der Gatte ihrer Enkelin mir mitgetheilt – zu oft wiederholten Malen, daß, zur Zeit des „Welschkornbastens“ eine gewiße Anzahl größerer Mädchen alljährlich im Pfarrhofe sich eingefunden, um das selbstgepflanzte sowohl, als auch das vom Zehnten herrührende Welschkorn des Pfarrers zuzurüsten, damit die Kolben in Büschel gebunden und im Freien aufgehängt werden konnten, was immer eine große Herrlichkeit war, auf welche die weibliche Jugend lange zum Voraus schon sich freute, da während der Arbeit allerlei Scherz und Kurzweil getrieben, und nach Beendigung derselben ein Abendessen zum Besten gegeben wurde. Wie heute noch, so wurde wohl auch vor Zeiten dies Geschäft vorgenommen, wenn die Feldarbeiten beendigt waren – so etwa Ende Oktober oder Anfangs November. „Als wir nun so beisammen waren, kam einst auch der „Herr Goethe“ zu uns in die Scheune, und machte uns durch seine Spässe und drolligen Erzählungen so sehr lachen, daß wir fast gar nichts arbeiten konnten.“

Zitierhinweis

Online-Edition:
BuG I, BuG01_A_0156 (Ernst Grumach/Renate Grumach), in: https://goethe-biographica.de/id/BuG01_A_0156.

Entspricht Druck:
BuG I, S. 166 (Ernst Grumach/Renate Grumach).

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