Ich muß Ihnen sagen, daß seit lezten Dienstag Göthe bey uns ist, und daß ich den herrlichen Menschen binnen dieser 3 Tage so herzlich liebgewonnen habe, so ganz durchschaue, fühle und begreiffe, so ganz voll von ihm bin, – wie Sie beßer sich selbst vorstellen, als ich Ihnen beschreiben könnte. Er hat eine sehr glüklich gerathene Silhouette von mir gemacht, wovon Sie ein Exemplar bekommen sollen. Inzwischen laben wir uns an den Kupfern zum 2ten Theil der Physiognomischen Fragmente, die er bey sich hat, und ich sehne mich zu lesen, was unser Lavater – Sie sind es doch zufrieden, daß ich Sie auch mir zueigne? – über alle diese Räthsel und Phänomene sagen wird. Vernichten Sie doch meinen lezten Brief, worinn, glaube ich, albernes Zeug von Göthen steht. Ich sehe wohl man muß einander von Angesicht zu Angesicht sehen, um einander recht kennen zu lernen. Bey Menschen von Göthens Classe ists wenigstens schlechterdings nöthig. Um ganz glüklich zu seyn, muß ich nun auch noch Lavatern sehen, und meine Wange an seine Wange, Sein Herz an Mein Herz drücken können. Dieser Gedancke macht mich wieder einmal recht lebhaft und innig fühlen, was Hofnung für ein herzerweiterndes Labsal ist. Wahrer Seelen-Nektar! Ich habe Göthen noch wenig allein haben können. Ich muß ihn mit so vielen theilen! Aber es wird noch beßer werden, und er soll mir noch recht viel von unserm Lavater erzählen. Alles was Sie angeht, interessirt mich so nahe! ... Göthe bittet Sie, Ihm alles was Sie Ihm von den Physiognomischen Fragmenten zu schicken hätten, nach Frankfurt zu schicken ...

Wir haben dies Briefchen einen Posttag liegen lassen, um Ihnen meine, meines Weibes und meines ältesten Mädchens (eines Kinds von 7. Jahren) Silhouetten zugleich schicken zu können. Göthe hat sie selbst gemacht, und sind ganz herrlich geglükt – wie alle Welt sagt.