Briefe an Goethe: RA 1, Nr. 32
Von Friedrich Heinrich Jacobi

26. August 1774, Düsseldorf

| 1 |


   Auf einem waldichten Hügel, in rauschendem
   Schatten.   


Am verwichenen Sonntag sitzend am Fenster
meines Wallzimmers, schauend bey hellem Son-
nenglanz rund um mich her in die vor mir ver-
breitete herrliche Gegend, schoß mir auf ein-
mahl, wie ein Blitz, in die Seele der Gedan-
ke, welch ein sündlich Wesen es doch sey, diese
herrliche Pracht Gottes so, über Wäll und Grä-
ben hin, nur zu beschielen; nur etwa am
Abend ein wenig daran vorbey zu schleichen, da
doch nichts wehre, sich hinein zu lagern in die-
se Herrlichkeit ganze Tage lang; sich anzuklei-
den über und über mit dieser Pracht Gottes; zu
genießen das seinige, den weiten offenen Him- | 2 |
mel, und die große offene Erde.


   Meinem frommen Weibe, den Mädchen und
Rost entdeckt' ich ohnverzüglich, wie mir geschehen, und
wie ich gehorchen wolle der Stimme, die mich geweckt.
Da schwur Rost bei seinem Haupte, sie sey des Alt-
vaters, woll' ihr folgen. Die Mädchen beschloßen uns
den ersten Tag zu begleiten; und Betti erbot sich,
uns, gegen Mittag, in den nächsten Wald Speise zu
bringen; dort sollten wir uns zu ihr versammeln.


   Am Dienstag, bey Anbruch des Tages, zogen wir
aus, und nahmen Besitz von den grünen Wiesen, und von
den rieselnden Bächen, und von den schattichten Höhen;
und es hüpfte in unserm Blut, und trotzte in unsern
Gebeinen, und pochte auf unserm Busen, und schauerte
in unsern Haaren, und jauchzte, klang und sang in
jeder unserer Nerven Liebe, Lust und Macht zu leben
Da schmiegten die Mädchen sich an mich, hier am Fuße
des Berges, auf dessen Gipfel ich schreibe, in einer │:an-
derthalb Stunden weit von Düsseldorf entfernten:│ herr-
lichen Gegend – sagten: "Ach Fritz! hier nahe bey
eine kleine Wohnung für dich und uns"! – Die schenkt
uns wohl noch der Himmel, antwortete Fritz und vielleicht | 3 |
bald; doch kann ich nicht hierauf warten. Was brauchts
eigner Wohnung? Ich ziehe gleich itzt hierhin auf Berg
und Thal; ziehe aus; mit weiter nichts, als einer Jäger-
Tasche auf dem Rücken und einem Stab in der Hand;
jede Bauerhütte giebt mir Obdach und Kost – "O
herrlich, vortreflich, jubelte Rost; wohin Sie wollen, be-
gleit' ich Sie; und Fluch auf das vermaledeyte Gefan-
gensitzen in der Vestung!" – Ihr Mädchen! fuhr
ich fort, sollt an sichern Tagen mich besuchen, bald
hier, bald dort; wir gehen euch bis an einen bestimm-
ten Ort entgegen, und bis dahin geleitet euch mein
Bedienter; hernach stoßen wir, gegen Mittag, im
nächsten Walde bey der Stadt zu Betti, und feyern
so, miteinander, den Sabath des Herrn.


   Und nun sieh, Lieber! da hängt sie neben mir
an der grünen schlanken Buche, die Jägertasche, drun-
ter mein Stab, und drüber mein Schwert! Sieh an mei-
nen Füßen hinunter, den jähen Abhang des Berges, und
vor mir hinaus, durch tausendförmiges und tausendfar-
biges wallendes zitterndes Laub, durchscheinen Nahes und
Fernes in unsäglicher Schönheit! Höre neben mir das | 4 |
Wehen im dichten schützenden Gebüsche; über mir das Rau-
schen der Wipfel! Und dann wende dich nach dem Baume
dort auf der Anhöhe, den mein Blick dir deutet! Halten
soll er deine Jägertasche, dein Schwert und deinen Stab.
Du wirst, du mußt hier mit mir seyn! Sollst, wandernd
mit mir, das ganze Bergische Land durchcreutzen; sehen,
9 Stunden von hier, die Schottischen Hochländer; dort zu
Tische sitzen mit einem wackern Altfranken, der sich
zwischen uns lagern wird, in seinem ganzen Vermögen,
und dabey zur Bedienung sonst niemand als sein Weib
und seine Kinder; dann –––


   Nachmittags, in der Garten-­Laube
   eines Eremiten.


   Eine dicke Wolke trieb mich mit Rost von unse-
rem Berge hinunter an einen gewölbten Brunnen,
wo wir uns vor dem Platzregen verbergen konnten.
– Gewaltiger Guß. Hört auf. Bauer, Eßkörbelein.
Wird ausgekramt unter einer großen Eiche. Schmeckt
– Ha! – Satt. Beschauung unseres Rasensaals,
rund um eingefaßt von prächtigen Eichen, draußen
wunderschöne Gegend. – Der ganze Himmel bezieht | 5 |
sich aufs neue. Noch ein Glaß Wein. Leben des Taßo
von Rost: Lust, Verwunderung, Freude, Thränen, Liebe.
– Es tröpfelt. Berathschlagung. Aufbruch. Warmes,
munteres Gespräch. Einsiedeley – Gärtchen, Laube,
Küche, Feuer, Caffee. Häußliches Niederlaßen in der
Laube. Frohe Heiterkeit, Freude, Vertrauen, Liebe.
Gespräch. Beständiger Regen. Preiß, daß er nicht
durch die Laube dringt. Noch immer Regen, aber an-
genehme, sanfte Luft. Fritz schreibt an seinem Ro-
man. – Will seinen Brief an Göthe vollenden. –


–––


   In der Capelle des Eremiten.


   Der Regen ward endlich doch so dicht und so schnell, daß
die Laube ihm nicht mehr überall zu wehren vermochte.
Wir mußten fort, und da des Einsiedlers Stube uns zu
finster war, zogen wir in diese helle luftige Capelle.
Rost wollte über meinen Vorschlag sich krank lachen,
und weiß nun nicht genug sich darüber zu freuen, daß
er und ich, mit alle unserm Dichten und Trachten, ei-
nem heiligen Altar gegen über sitzen, und da, nach un-
serer Weise sinnen und sagen.


   Bisher hab ich deines Briefleins vom 21ten noch mit
keiner Silbe erwähnt. Ich erhielts gestern Morgen;
wollt dir gleich antworten; konnt nicht vor lauter Fülle | 6 |
und mächtigem Wesen in mir. Gieng auf und nieder
den ganzen Morgen, dir allein meine ganze Seele, drin-
nen zu schalten und zu walten nach Wohlgefallen. – Wie du
in mir würkst so gewaltig! – Du hast wohl nie der-
gleichen erfahren. Thue ferner Gutes und Großes an
mir, auch um dein selbst willen, damit du nicht der-
einst zu seufzen habest: "Barden werden von meinem
Nahmen erzählen; die Steine werden von mir reden: a-
ber du, du bist in der That danieder. – Bald wird dein
Grabmahl bedeckt werden, und das Gras geil auf deinem
Grabe empor wachsen. Die Söhne der Schwachen werden
darüber hingehen und nicht wissen, daß ein Mächtiger
dort liege."


   Deinen GeburtsTag werd' ich feyern; da und dort;
unter freyem Himmel; überall. Betti und die Mädchen
wollen auch ihn feyern. In deinem Nahmen werden
wir versammelt seyn unter freyem Himmel.


   Wüßtest du, wie oft wir in deinem Nahmen ver-
sammelt sind!


   Tausend Dank und einen Kuß, Lieber! für La-
vaters Schattenriß! In meinem Leben hab ich
nichts so frappant ähnliches gesehen. Grüß mir doch
den vortreflichen Mann, wenn du an ihn schreibst:
ich mag ihn durch sonst niemand von mir gegrüßt
wissen.

| 7 |


   Hast bieder geredet zu Rost, aber hättest auch noch ver-
bitten sollen das parfumieren mit Moder und Todten-­
Gerüchen. Am Dichter deucht mich's gar unausstehlich,
und höchst albern dazu, wenn er überall, all überall
Materialismus auskramt. Auch bin ich häßig dem
ewigen Persifflieren alles Dings; ist kein Treu noch
Glauben dabey. Gleichwohl weiß ich treflich mich zu
halten auf dieser Nadelspitz, hab aber schon längst
keine Freud mehr am Kunststücklein. – Und nun
einen schönen, schönen Gruß von Rost. Deine Auffor-
derung freut ihn. Du sollst das Mährchen haben,
und er will auch sonst noch manches für dich bereiten.
Was er in deiner Dichtart und Kraft zu sehen wünschte,
kann ich dir noch nicht melden. Weiß wohl, was ich
wünschte! Dich selbst vor Jabachs Geist.


   An Werthes hab' ich um den Brief von Rost, den
du zu sehen begehrst, geschrieben. Vor künftigen
Donnerstag kann ich ihn nicht erhalten.


   Auf die versprochenen kleinen Sachen von dir,
freu' ich mich herzlich. So seh' ich auch mit größter Sehn-
sucht den Leiden Werthers entgegen. Ich selbst habe,
in deinem Nahmen, den Plan zu einem Roman
in Briefen entworfen, und würklich auszuarbei- | 8 |
ten angefangen.


   Die Nacht bricht ein! ich muß weiter. Leb
wohl! – Dein Geist sey bey mir!


S: GSA 51/II,2 St. 3 (Abschrift von J. H. Schenk)  D: JacobiI 1, Nr. 346  B: 1774 August 21 (WA IV 2, Nr. 243)  A: 1774 August 31 (WA IV 2, Nr. 247) 

Bericht über einen Ausflug in die Umgebung Düsseldorfs, an dem J. J. W. Heinse (genannt Rost) und streckenweise auch die Frau und die Schwestern J.s (Helene und Charlotte) teilgenommen hätten. Wunsch, G. möge mit ihm das Bergische Land durchwandern. Über Heinses "Leben des Tasso". - J. äußert Bewegung über G.s Brief sowie die Absicht, G.s Geburtstag unter freyem Himmel zu feiern. Er dankt für Lavaters Schattenriß und bittet, Lavater zu grüßen. Zu Heinse habe G. bieder geredet, hätte ihm aber auch das parfümieren mit Moder und Todten-Gerüchen verbieten sollen. Es sei unausstehlich und höchst albern dazu, wenn ein Dichter überall, all überall Materialismus auskrame. Auch bin ich häßig dem ewigen Persifflieren alles Dings; ist kein Treu noch Glauben dabey. Heinse lasse grüßen und werde das gewünschte Märchen schreiben. Um den Brief Heinses an F. A. C. Werthes habe sich J. bemüht. - J. freue sich auf die versprochenen kleinen Sachen von G. ("Mit einem gemalten Band", "Mailied", "Wandrers Sturmlied"); mit größter Sehnsucht sehe er den "Leiden des jungen Werthers" entgegen. Er selbst habe in G.s Namen den Plan zu einem Roman in Briefen entworfen, und würklich auszuarbeiten angefangen ("Eduard Allwills Papiere", 1775, 1776).

| 1 |

 Auf einem waldichten Hügel, in rauschendem  Schatten. 

 Am verwichenen Sonntag sitzend am Fenster meines Wallzimmers, schauend bey hellem Sonnenglanz rund um mich her in die vor mir verbreitete herrliche Gegend, schoß mir auf einmahl, wie ein Blitz, in die Seele der Gedanke, welch ein sündlich Wesen es doch sey, diese herrliche Pracht Gottes so, über Wäll und Gräben hin, nur zu beschielen; nur etwa am Abend ein wenig daran vorbey zu schleichen, da doch nichts wehre, sich hinein zu lagern in diese Herrlichkeit ganze Tage lang; sich anzukleiden über und über mit dieser Pracht Gottes; zu genießen das seinige, den weiten offenen Him| 2 |mel, und die große offene Erde.

  Meinem frommen Weibe, den Mädchen und Rost entdeckt' ich ohnverzüglich, wie mir geschehen, und wie ich gehorchen wolle der Stimme, die mich geweckt. Da schwur Rost bei seinem Haupte, sie sey des Altvaters, woll' ihr folgen. Die Mädchen beschloßen uns den ersten Tag zu begleiten; und Betti erbot sich, uns, gegen Mittag, in den nächsten Wald Speise zu bringen; dort sollten wir uns zu ihr versammeln.

  Am Dienstag, bey Anbruch des Tages, zogen wir aus, und nahmen Besitz von den grünen Wiesen, und von den rieselnden Bächen, und von den schattichten Höhen; und es hüpfte in unserm Blut, und trotzte in unsern Gebeinen, und pochte auf unserm Busen, und schauerte in unsern Haaren, und jauchzte, klang und sang in jeder unserer Nerven Liebe, Lust und Macht zu leben Da schmiegten die Mädchen sich an mich, hier am Fuße des Berges, auf dessen Gipfel ich schreibe, in einer │:anderthalb Stunden weit von Düsseldorf entfernten:│ herrlichen Gegend – sagten: "Ach Fritz! hier nahe bey eine kleine Wohnung für dich und uns"! – Die schenkt uns wohl noch der Himmel, antwortete Fritz und vielleicht| 3 | bald; doch kann ich nicht hierauf warten. Was brauchts eigner Wohnung? Ich ziehe gleich itzt hierhin auf Berg und Thal; ziehe aus; mit weiter nichts, als einer JägerTasche auf dem Rücken und einem Stab in der Hand; jede Bauerhütte giebt mir Obdach und Kost – "O herrlich, vortreflich, jubelte Rost; wohin Sie wollen, begleit' ich Sie; und Fluch auf das vermaledeyte Gefangensitzen in der Vestung!" – Ihr Mädchen! fuhr ich fort, sollt an sichern Tagen mich besuchen, bald hier, bald dort; wir gehen euch bis an einen bestimmten Ort entgegen, und bis dahin geleitet euch mein Bedienter; hernach stoßen wir, gegen Mittag, im nächsten Walde bey der Stadt zu Betti, und feyern so, miteinander, den Sabath des Herrn.

  Und nun sieh, Lieber! da hängt sie neben mir an der grünen schlanken Buche, die Jägertasche, drunter mein Stab, und drüber mein Schwert! Sieh an meinen Füßen hinunter, den jähen Abhang des Berges, und vor mir hinaus, durch tausendförmiges und tausendfarbiges wallendes zitterndes Laub, durchscheinen Nahes und Fernes in unsäglicher Schönheit! Höre neben mir das| 4 | Wehen im dichten schützenden Gebüsche; über mir das Rauschen der Wipfel! Und dann wende dich nach dem Baume dort auf der Anhöhe, den mein Blick dir deutet! Halten soll er deine Jägertasche, dein Schwert und deinen Stab. Du wirst, du mußt hier mit mir seyn! Sollst, wandernd mit mir, das ganze Bergische Land durchcreutzen; sehen, 9 Stunden von hier, die Schottischen Hochländer; dort zu Tische sitzen mit einem wackern Altfranken, der sich zwischen uns lagern wird, in seinem ganzen Vermögen, und dabey zur Bedienung sonst niemand als sein Weib und seine Kinder; dann –––

  Nachmittags, in der Garten-­Laube  eines Eremiten.

  Eine dicke Wolke trieb mich mit Rost von unserem Berge hinunter an einen gewölbten Brunnen, wo wir uns vor dem Platzregen verbergen konnten. – Gewaltiger Guß. Hört auf. Bauer, Eßkörbelein. Wird ausgekramt unter einer großen Eiche. Schmeckt – Ha! – Satt. Beschauung unseres Rasensaals, rund um eingefaßt von prächtigen Eichen, draußen wunderschöne Gegend. – Der ganze Himmel bezieht| 5 | sich aufs neue. Noch ein Glaß Wein. Leben des Taßo von Rost: Lust, Verwunderung, Freude, Thränen, Liebe. – Es tröpfelt. Berathschlagung. Aufbruch. Warmes, munteres Gespräch. Einsiedeley – Gärtchen, Laube, Küche, Feuer, Caffee. Häußliches Niederlaßen in der Laube. Frohe Heiterkeit, Freude, Vertrauen, Liebe. Gespräch. Beständiger Regen. Preiß, daß er nicht durch die Laube dringt. Noch immer Regen, aber angenehme, sanfte Luft. Fritz schreibt an seinem Roman. – Will seinen Brief an Göthe vollenden. –

  –––

  In der Capelle des Eremiten.

  Der Regen ward endlich doch so dicht und so schnell, daß die Laube ihm nicht mehr überall zu wehren vermochte. Wir mußten fort, und da des Einsiedlers Stube uns zu finster war, zogen wir in diese helle luftige Capelle. Rost wollte über meinen Vorschlag sich krank lachen, und weiß nun nicht genug sich darüber zu freuen, daß er und ich, mit alle unserm Dichten und Trachten, einem heiligen Altar gegen über sitzen, und da, nach unserer Weise sinnen und sagen.

  Bisher hab ich deines Briefleins vom 21ten noch mit keiner Silbe erwähnt. Ich erhielts gestern Morgen; wollt dir gleich antworten; konnt nicht vor lauter Fülle| 6 | und mächtigem Wesen in mir. Gieng auf und nieder den ganzen Morgen, dir allein meine ganze Seele, drinnen zu schalten und zu walten nach Wohlgefallen. – Wie du in mir würkst so gewaltig! – Du hast wohl nie dergleichen erfahren. Thue ferner Gutes und Großes an mir, auch um dein selbst willen, damit du nicht dereinst zu seufzen habest: "Barden werden von meinem Nahmen erzählen; die Steine werden von mir reden: aber du, du bist in der That danieder. – Bald wird dein Grabmahl bedeckt werden, und das Gras geil auf deinem Grabe empor wachsen. Die Söhne der Schwachen werden darüber hingehen und nicht wissen, daß ein Mächtiger dort liege."

  Deinen GeburtsTag werd' ich feyern; da und dort; unter freyem Himmel; überall. Betti und die Mädchen wollen auch ihn feyern. In deinem Nahmen werden wir versammelt seyn unter freyem Himmel.

  Wüßtest du, wie oft wir in deinem Nahmen versammelt sind!

  Tausend Dank und einen Kuß, Lieber! für Lavaters Schattenriß! In meinem Leben hab ich nichts so frappant ähnliches gesehen. Grüß mir doch den vortreflichen Mann, wenn du an ihn schreibst: ich mag ihn durch sonst niemand von mir gegrüßt wissen.

| 7 |

  Hast bieder geredet zu Rost, aber hättest auch noch verbitten sollen das parfumieren mit Moder und Todten-­ Gerüchen. Am Dichter deucht mich's gar unausstehlich, und höchst albern dazu, wenn er überall, all überall Materialismus auskramt. Auch bin ich häßig dem ewigen Persifflieren alles Dings; ist kein Treu noch Glauben dabey. Gleichwohl weiß ich treflich mich zu halten auf dieser Nadelspitz, hab aber schon längst keine Freud mehr am Kunststücklein. – Und nun einen schönen, schönen Gruß von Rost. Deine Aufforderung freut ihn. Du sollst das Mährchen haben, und er will auch sonst noch manches für dich bereiten. Was er in deiner Dichtart und Kraft zu sehen wünschte, kann ich dir noch nicht melden. Weiß wohl, was ich wünschte! Dich selbst vor Jabachs Geist.

  An Werthes hab' ich um den Brief von Rost, den du zu sehen begehrst, geschrieben. Vor künftigen Donnerstag kann ich ihn nicht erhalten.

  Auf die versprochenen kleinen Sachen von dir, freu' ich mich herzlich. So seh' ich auch mit größter Sehnsucht den Leiden Werthers entgegen. Ich selbst habe, in deinem Nahmen, den Plan zu einem Roman in Briefen entworfen, und würklich auszuarbei| 8 |ten angefangen.

  Die Nacht bricht ein! ich muß weiter. Leb wohl! – Dein Geist sey bey mir!

 

 
 

Nutzungsbedingungen

Kontrollen

Kontrast:
SW-Kontrastbild:
Helligkeit:

Zitierhinweis

Online-Edition:
RA 1, Nr. 32, in: https://goethe-biographica.de/id/RA01_0032_00034.

Druck des Regests: RA 1, Nr. 32.

Zurück zum Seitenanfang