Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 4
18. Juni 1775, Sonntag, Rigi

18. Sontags früh gezeichnet die Capellen vom Ochsen aus. um Zwölfe nach dem kalten Bad. od. 3 schwestern Brunn dann die Höhe ¼ 3 Uhr in Wolcken und Nebel rings die Herlichkeit der Welt.

8 Uhr wieder zuruck vor der Ochsen thüre gebacknen Fisch u. Eier. | das Klock gebembel das Wasserfalls Rascheln1 der Brunn röhre Plätschern2 Waldhorn.

  1. Rauschen → Rascheln  ↑
  2. des Brunnens Fallen → des Brunnens Rauschen → der Brunn röhre Plumpen → der Brunn röhre Plätschern  ↑

H: GSA 27/1


Das Tagebuch ist fast durchweg von Goethe eigenhändig geschrieben. Die Überschrift Den 15 Junius 1775. / Donnerstags morgen / aufm Zürchersee. (Bl 2 Vs) schrieb Johann Caspar Lavater, die Verfasser und Schreiber des zweiten bis neunten Vierzeilers (Bl 2 – Bl 3 Vs) sind Friedrich Leopold zu Stolberg, Lavater, Christian zu Stolberg, Lavaters Schwager Schinz, Philipp Christoph Kayser, Christian von Haugwitz, Johann Jacob Heß und Jacob Ludwig Passavant. Die Endreime der zweiten Strophe schrieb Goethe. Die Notiz Einer der herlichsten Waßerfälle der gantzen Gegend (Bl 12 Rs) schrieb Passavant. Die Eintragung Thallaman Caspar Antonj Meyer Drey König wird in Ursern an der Math. (Bl 16 Vs) schrieb Caspar Anton Meyer. (Zusätze von unbekannter Hand siehe unten.)

Die Eintragungen befinden sich in einem Heft (110 × 175 mm). Umschlag aus blaugrauem Kartonpapier. Auf dem vorderen Umschlagblatt von Riemers Hand die Überschrift »Tagebuch. Schweizerreise 1775.«. Die Blätter aus Konzeptpapier. Fadenheftung.

Blätter insgesamt (einschließlich des vorderen und hinteren Umschlagblattes): 16

Beschriebene Blätter: 10


Ein nachträglich eingelegtes, wohl um 1813, in Vorbereitung des Achtzehnten Buches von »Dichtung und Wahrheit«, von Goethe eigenhändig quer beschriebenes Blatt (110 × 90 mm), geripptes Schreibpapier. Tinte.

Vs: Liegende Akkolade, darunter: Speranza – dass die fremden Hunde die sich hier verlauffen ein Küssen finden. Von unbekannter Hand rechts oben mit Bleistift »23«.

Rs: (seitenverkehrt:) Der Frau


Schreibmaterial und Zusätze von unbekannter Hand:

Bleistift. Mit Tinte das Gedicht »Gib das tagwerck ...«.

Von Goethe mit Bleistift schräg, zum Teil kreuzweise durchgestrichen die chronologischen Eintragungen vom 16. bis 22. Juni 1775 und die Eintragung Speranza bis verlohren sind.

Die Blätter, einschließlich des vorderen und hinteren Umschlagblattes, von unbekannter Hand mit Bleistift paginiert jeweils Vorderseite rechts oben, die Rückseite der Blätter 11–15 zusätzlich links unten seitenverkehrt paginiert von »11​2« bis »15​2«.


Anordnung und Zählung der Handschrift:

Bl 1 Umschlagblatt

Bl 2 Vs: Überschrift: Den 15 Junius 1775. bis aufm Zürchersee.

Reimstrophe 1–4

Bl 2 Rs: Reimstrophe 5–8

Bl 3 Vs: Reimstrophe 9

Gedicht: »Ich saug an meiner Nabelschnur ...«

Gedicht: »Aug mein Aug was sinckst du nieder ...«

Bl 3 Rs: Gedicht: »Vom Berge in die See Vid. das Privat Archiv des Dichters Lit. L.«

Bl 4 Vs: Notiz: am Steeg bis Capele

Bl 4 Rs: Entwurf (quer geschrieben:) Und dem entgegnenden Priest bis erheitern

Bl 5–7 Vs leer

Bl 7 Rs: Gedicht: »Gib das tagwerck ...«

Bl 8–11 Vs leer

Bl 11 Rs: Notiz (seitenverkehrt geschrieben): Speranza bis verlohren sind

Bl 12 Vs leer

Bl 12 Rs–14 Vs (seitenverkehrt beschrieben von hinten nach vorn)

Bl 14 Rs–13 Vs: Tgb-Eintr 16.–21. Juni 1775: d 16. Abends bis Projeckte.

Bl 12 Rs: Tgb-Eintr 21.–22. Juni 1775: ab 35 Min auf 4. bis s-st. D.

Bl 15 Vs–15 Rs (seitenverkehrt quer beschrieben)

Bl 15 Rs: Entwürfe. Notizen: Doch mir stehn fest bis alber zu stellen

Bl 15 Vs: Entwürfe. Notizen. Bruchstücke: Und die ewig verderblihe bis sein selbst willen

Bl 16 Vs (Innenseite des hinteren Umschlagblattes): Eintragung: Thallaman Caspar Antonj Meyer bis Schiling


D:

WA III 1, 1–7, udT: Schweiz 1775.

18.] Siehe »Dichtung und Wahrheit«, Achtzehntes Buch (DuW 1, 613–614; WA I 29, 118–119).

gezeichnet die Capellen] »Kapelle auf dem Rigi«, Bleistift, Zuweisungs- und Datierungsvermerk von unbekannter Hand: »Goethe den 18. Jun. 1775« (Corpus VI B, Nr 22).

kalten Bad. od. 3 schwestern Brunn] Der Sage nach fanden drei von einem zudringlichen Landvogt verfolgte Schwestern Zuflucht in Rigi-Kaltbad.

Höhe] Rigi-Kulm.

in Wolcken und Nebel bis Welt] Siehe »Dichtung und Wahrheit«, Achtzehntes Buch (DuW 1, 613–614; WA I 29, 118): 〈…〉 wir verharrten lange 〈…〉 um durch die Ritzen und Klüfte, der immer bewegten Wolkenballen einen kleinen Zipfel besonnter Erde, einen schmalen Uferzug und ein Endchen See zu gewinnen.

die Herlichkeit der Welt] Siehe Matthäus 4, 8–9: »Wiederum führte ihn der Teufel 〈…〉 auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt und ihre Herrlichkeit.«

das Klock gebembel] Siehe »Dichtung und Wahrheit«, Achtzehntes Buch (DuW 1, 614; WA I 29, 119): 〈…〉 das Glockengebimmel der Capelle 〈…〉.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 18.6.1775 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_0004.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 6 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 378–379 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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