Tagebuch­eintrag: GT, Nr. 3
17. Juni 1775, Samstag, Rigi

d. 17. Morgens der Hocken vor dem Fenster Wolcken dran auf.

Um 1 Uhr N. M. v. Schwiz weg nach dem Rigi.

2 Uhr aufm1 Lauerzer See hoher herrlicher Sonnenschein für lauter Wollust sah gar nichts | Zwey Maiden fuhren uns | Insel ehmalige Wohnung des Zwingherrn jezt ein Waldbruder | ausgestiegen Lauerz verlohrnes Halstuch gefunden Rigi bestiegen ½ 8 bey der Mutter Gottes zum Schnee. 3 Wirthsh. 5 Cap. im Closter im Ochsen2

  1. aufs → aufm  ↑
  2. vor im Ochsen get: im Clost  ↑

H: GSA 27/1


Das Tagebuch ist fast durchweg von Goethe eigenhändig geschrieben. Die Überschrift Den 15 Junius 1775. / Donnerstags morgen / aufm Zürchersee. (Bl 2 Vs) schrieb Johann Caspar Lavater, die Verfasser und Schreiber des zweiten bis neunten Vierzeilers (Bl 2 – Bl 3 Vs) sind Friedrich Leopold zu Stolberg, Lavater, Christian zu Stolberg, Lavaters Schwager Schinz, Philipp Christoph Kayser, Christian von Haugwitz, Johann Jacob Heß und Jacob Ludwig Passavant. Die Endreime der zweiten Strophe schrieb Goethe. Die Notiz Einer der herlichsten Waßerfälle der gantzen Gegend (Bl 12 Rs) schrieb Passavant. Die Eintragung Thallaman Caspar Antonj Meyer Drey König wird in Ursern an der Math. (Bl 16 Vs) schrieb Caspar Anton Meyer. (Zusätze von unbekannter Hand siehe unten.)

Die Eintragungen befinden sich in einem Heft (110 × 175 mm). Umschlag aus blaugrauem Kartonpapier. Auf dem vorderen Umschlagblatt von Riemers Hand die Überschrift »Tagebuch. Schweizerreise 1775.«. Die Blätter aus Konzeptpapier. Fadenheftung.

Blätter insgesamt (einschließlich des vorderen und hinteren Umschlagblattes): 16

Beschriebene Blätter: 10


Ein nachträglich eingelegtes, wohl um 1813, in Vorbereitung des Achtzehnten Buches von »Dichtung und Wahrheit«, von Goethe eigenhändig quer beschriebenes Blatt (110 × 90 mm), geripptes Schreibpapier. Tinte.

Vs: Liegende Akkolade, darunter: Speranza – dass die fremden Hunde die sich hier verlauffen ein Küssen finden. Von unbekannter Hand rechts oben mit Bleistift »23«.

Rs: (seitenverkehrt:) Der Frau


Schreibmaterial und Zusätze von unbekannter Hand:

Bleistift. Mit Tinte das Gedicht »Gib das tagwerck ...«.

Von Goethe mit Bleistift schräg, zum Teil kreuzweise durchgestrichen die chronologischen Eintragungen vom 16. bis 22. Juni 1775 und die Eintragung Speranza bis verlohren sind.

Die Blätter, einschließlich des vorderen und hinteren Umschlagblattes, von unbekannter Hand mit Bleistift paginiert jeweils Vorderseite rechts oben, die Rückseite der Blätter 11–15 zusätzlich links unten seitenverkehrt paginiert von »11​2« bis »15​2«.


Anordnung und Zählung der Handschrift:

Bl 1 Umschlagblatt

Bl 2 Vs: Überschrift: Den 15 Junius 1775. bis aufm Zürchersee.

Reimstrophe 1–4

Bl 2 Rs: Reimstrophe 5–8

Bl 3 Vs: Reimstrophe 9

Gedicht: »Ich saug an meiner Nabelschnur ...«

Gedicht: »Aug mein Aug was sinckst du nieder ...«

Bl 3 Rs: Gedicht: »Vom Berge in die See Vid. das Privat Archiv des Dichters Lit. L.«

Bl 4 Vs: Notiz: am Steeg bis Capele

Bl 4 Rs: Entwurf (quer geschrieben:) Und dem entgegnenden Priest bis erheitern

Bl 5–7 Vs leer

Bl 7 Rs: Gedicht: »Gib das tagwerck ...«

Bl 8–11 Vs leer

Bl 11 Rs: Notiz (seitenverkehrt geschrieben): Speranza bis verlohren sind

Bl 12 Vs leer

Bl 12 Rs–14 Vs (seitenverkehrt beschrieben von hinten nach vorn)

Bl 14 Rs–13 Vs: Tgb-Eintr 16.–21. Juni 1775: d 16. Abends bis Projeckte.

Bl 12 Rs: Tgb-Eintr 21.–22. Juni 1775: ab 35 Min auf 4. bis s-st. D.

Bl 15 Vs–15 Rs (seitenverkehrt quer beschrieben)

Bl 15 Rs: Entwürfe. Notizen: Doch mir stehn fest bis alber zu stellen

Bl 15 Vs: Entwürfe. Notizen. Bruchstücke: Und die ewig verderblihe bis sein selbst willen

Bl 16 Vs (Innenseite des hinteren Umschlagblattes): Eintragung: Thallaman Caspar Antonj Meyer bis Schiling


D:

WA III 1, 1–7, udT: Schweiz 1775.

d. 17.] Siehe »Dichtung und Wahrheit«, Achtzehntes Buch (DuW 1, 613; WA I 29, 117–118).

N. M.] Nach Mittag.

Lauerzer See] Überliefert sind die Zeichnungen »Lowerzer See mit den Mythen«, Bleistift, eigh Datierungsvermerk Goethes: d. 17 Jun (Corpus I, Nr 106), und »Lowerzer See«, Bleistift, eigh Datierungsvermerk Goethes: d. 17 Jun 75 (Corpus I, Nr 108).

Zwey Maiden] Nicht ermittelt.

uns] Goethe und Passavant.

Insel] Schwanau.

ehmalige Wohnung des Zwingherrn] Die nach der mündlichen Überlieferung 1308 durch Werner Stauffacher zerstörte Burg des Edlen von Schwanau.

Waldbruder] Name des Eremiten nicht ermittelt. Siehe Friedrich Leopold zu Stolberg an Heinrich Wilhelm von Gerstenberg, Juli oder nach Juli 1775 (Karl Koetschau und Max Morris: Goethes Schweizer Reise 1775. Weimar 1907. SchrGG 22, S. 29): »Von da ... gingen wir über den Lowertzer See, wo wir in kleinen Inseln zween Eremiten besuchten, deren einer es wegen einer unglücklichen Liebe geworden ist. Ein härener Rock, Brod, Wasser und ein Rosenkranz ersetzen ihm das Mädgen und die Freuden des Rosenbettes.«

Rigi] Gemeint ist der Gebirgsstock.

Mutter Gottes zum Schnee] Wallfahrtskapelle und Kapuzinerhospiz, erbaut 1716–1719.

Wirthsh.] Wirtshäuser.

Cap.] Kapellen.

Closter] Kapuzinerkloster und Ortsbezeichnung (heute der Ort Klösterli).

im Ochsen] Überliefert ist die Zeichnung »Gaststube im ›Ochsen‹«, Bleistift, eigh Lokalisierungs- und Datierungsvermerk Goethes: Rigi d 17 Juni 1775 im Ochsen (Corpus I, Nr 110).

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GT I, 17.6.1775 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), in: https://goethe-biographica.de/id/GT01_0003.

Entspricht Druck:
Text: GT I 1, S. 5 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.
Kommentar: GT I 2, S. 378 (Wolfgang Albrecht/Andreas Döhler), Stuttgart 1998.

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