Goethes Briefe: GB 2, Nr. 270
An Carl Ludwig von Knebel

〈Frankfurt a. M. , zweite Hälfte Oktober 1775〉 → 〈Leipzig〉


Euer iunges herzogliches Paar verlangte ich sollte sie nach Weimar begleiten, ich richtete mich ein, packte, zog meine Reisekleider an, nahm Abschied, und blieb sizzen. Durch welch Geschick weis ich nicht. Kalb kam nicht, an den man mich verwies, aber ich wäre doch nach gefahren, wenn es nicht zu fatal wäre bey ieziger Witterung und Strase den Weeg allein zu machen. Indessen sind Briefe gewiss an mich bey Kalb und Wieland, und drunter die mein Herz nah angehn, drum macht sie zusammen bitt ich, und schickt sie mit der reitenden an meine gewöhnliche Adresse nach Franckfurt; sollten Packete da seyn, schickt sie mit der fahrenden, nur bald. Liebt mich und grüsst alles was sich mein erinnert, nach Stands und Herzens Gebühr und Würden

Goethe.

Der Brief wurde einige Tage nach der Abreise Herzog Carl Augusts von Frankfurt am 13. Oktober 1775 und vor Goethes Aufbruch nach Italien am 30. Oktober 1775 geschrieben.

H: Biblioteka Jagiellońska Kraków (Krakau), Autographensammlung Goethe, bis 1945 Preußische Staatsbibliothek Berlin, Sign.: Ms. Germ. 4​o. 521, Bl. 7. – 1 Bl. 18,5 × 22,9 cm, ½ S. beschr., egh., Tinte; am rechten Rand mehrfach eingerissen, durch Papierstreifen auf der Rs. restauriert. – In einem Konvolut mit schwarzem Ledereinband (weiter vgl. Überlieferung zu Nr 169).

E: Goethe-Knebel (1851) 1, 9, Nr 7.

WA IV 2 (1887), 301, Nr 361 (Textkorrektur in den „Berichtigungen“, vgl. WA IV 50 [1912], 213).

Ein Bezugs- und ein Antwortbrief sind nicht bekannt.

Euer iunges herzogliches Paar] Carl August von Sachsen-Weimar und Eisenach und seine Frau Louise geb. Prinzessin von Hessen-Darmstadt; sie hatten am 3. Oktober in Karlsruhe geheiratet.

blieb sizzen] Der weimarische Kammerherr Johann August Alexander von Kalb, der Goethe in einem Reisewagen abholen und nach Weimar begleiten sollte, hatte sich verspätet. Am 30. Oktober brach Goethe zu einer Reise nach Italien auf (vgl. GT I 1, 13 f.); am 3. November erreichte ihn ein Eilbote Kalbs, der ihn veranlasste umzukehren. Goethe reiste mit Kalb nach Weimar, wo er am 7. November eintraf. Vgl. Goethes ausführliche Schilderung im 20. Buch von „Dichtung und Wahrheit“ (AA DuW 1, 643–649).

Durch welch Geschick] Die Verspätung war dadurch zustande gekommen, dass Kalb auf den neuen Wagen, der von Straßburg kommen sollte, selbst Tag für Tag warten musste (AA DuW 1, 649 [20. Buch]).

Briefe 〈…〉 bey Kalb und Wieland] Darunter befand sich ein (nicht überlieferter) Brief Johann Caspar Lavaters an Goethe; das geht aus Wielands Brief an Lavater vom 27. Oktober 1775 hervor (vgl. WB 5, 431).

mit der reitenden 〈…〉 mit der fahrenden] Zu ergänzen ist jeweils: Post. Die ‚reitende‘ Post (der Postreiter) war schneller als die ‚fahrende‘ (die Postkutsche); weiter vgl. zu 57,20.

 

 
 

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Zitierhinweis

Online-Edition:
GB 2, Nr 270 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), in: https://goethe-biographica.de/id/GB02_BR270_0.

Entspricht Druck:
Text: GB 2 I, S. 223, Nr 270 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.
Kommentar: GB 2 II, S. 559–560, Nr 270 (Elke Richter / Georg Kurscheidt), Berlin 2009.

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