Briefe von Goethe

Historisch-kritische Ausgabe

Für Goethes Lebensführung, für sein Streben nach umfassender Bildung, Welterfahrung und Selbsterkenntnis war die mündliche und briefliche Kommunikation mit seinen Zeitgenossen von kaum zu überschätzender Bedeutung. Letzteres belegt der Umfang seiner Korrespondenzen. Über 15 000 Briefe Goethes an mehr als 1 400 Adressaten aus einem Zeitraum von fast sieben Jahrzehnten sind überliefert. Der früheste Brief Goethes vom 23. Mai 1764 ist eine Bewerbung des knapp 15-Jährigen um Aufnahme in eine literarische Gesellschaft. Der letzte Brief stammt vom 17. März 1832 und ist an Wilhelm von Humboldt gerichtet. Briefeschreibend verarbeitet Goethe Lebenskrisen, gibt Einblicke in die Entstehung seiner Werke, den Fortgang seiner Amtsgeschäfte und seiner wissenschaftlichen Studien.

Obgleich die Briefe spätestens seit der Weimarer Ausgabe als Teil des Goethe’schen Werks gelten, sind sie noch immer nicht vollständig ediert. Bis heute ist die Weimarer Ausgabe, die 1912 abgeschlossen wurde, in Verbindung mit den Nachtragsbänden von 1990 die einzige Gesamtausgabe geblieben. Das Projekt einer neuen historisch-kritischen Edition sämtlicher Briefe Goethes ist demnach die Erfüllung eines Desiderates in der Goetheforschung.

Die historisch-kritische Goethe-Brief-Ausgabe der mehr als 15 000 überlieferten Briefe, von denen etwa fünf Prozent noch ungedruckt sind, wird die Texte erstmals ohne Emendationen buchstaben- und zeichengetreu nach den Handschriften einschließlich der Varianten edieren. Überarbeitet wird auch die Chronologie der Briefe, von denen ca. 30 Prozent nicht oder nur unvollständig datiert sind. Der gravierendste Unterschied zur Weimarer Ausgabe besteht im Kommentar, der die Briefe als biographische Zeugnisse und Dokumente der materialen Kultur erstmals umfassend erschließt und ihre zeitgeschichtlichen Kontexte rekonstruiert. Begriffs- und Sacherläuterungen, die Identifikation von Personen und der Nachweis von Zitaten dienen der möglichst lückenlosen Erschließung der Sachinhalte der Briefe. Ein besonderer und gegenüber anderen Goethe-Briefeditionen neuer Fokus wird auf das besondere persönliche Verhältnis der Adressaten zu Goethe gelegt. Übergreifende Erläuterungen und zusammenfassende Überblickskommentare beleuchten die Gesamtkorrespondenz Goethes mit seinen Adressatinnen und Adressaten.